Karikaturisten-Ehrung: Muslime enttäuscht von Merkel

Der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) einen Mangel an "interkultureller Kompetenz" vorgeworfen. Auch der Zentralrat der Muslime äußerte Kritik an der Bundeskanzlerin.

Hintergrund ist die Verleihung des M100-Medienpreises an den dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard, der vor fünf Jahren den Propheten Mohammed mit einer Bombe als Turban gezeichnet hatte. Am Mittwoch war Westergaard im Beisein Merkels für seine Verdienste um die Meinungsfreiheit ausgezeichnet worden.

"Natürlich muss die Pressefreiheit verteidigt werden, aber der Zeitpunkt der Preisverleihung war mehr als unglücklich", sagte Kolat unserer Zeitung. Damit werde die aktuelle, von Thilo Sarrazin angestoßene muslimfeindliche Debatte weiter befeuert. "Ziel der Politik sollte sein, Vorurteile gegen Muslime abzubauen", forderte Kolat.

Merkel hatte ihre Rede zur Preisverleihung mit einem Appell an "die Kraft der Freiheit" verbunden und betont, sie sehe keinen Widerspruch zwischen der Akzeptanz islamkritischer Zeichnungen und dem Respekt vor der Religion und der Freiheit des Glaubens.

Kolat kritisierte, dass die Preisverleihung während der Feiern zum Ende des Fastenmonats Ramadan stattgefunden habe: "Gerade jetzt jemanden zu ehren, der die Gefühle der Muslime derart beleidigt hat, empfinden viele Muslime als Affront", sagte der Funktionär. Er sei von der Kanzlerin enttäuscht: "Die Preisverleihung zeigt, dass es unserer Bundeskanzlerin an interkultureller Kompetenz fehlt. Zu Recht werden sich viele Muslime fragen, wie glaubwürdig die Integrationspolitik der Regierung ist. Seit Jahren versuchen wir, den interkulturellen Dialog zu stärken – ich habe mehr Verständnis von Seiten der Kanzlerin erwartet." Kolat kündigte an, der Regierungschefin seine Enttäuschung in einem Brief noch einmal schriftlich darzulegen.

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