Schröder informiert Grüne über Krisenprogramm Kanzler fordert "Opfer von vielen"

Berlin (rpo). Bundeskanzler Gerhard Schröder hat am Dienstag SPD und Grüne über Eckwerte seines geplanten Krisenprogramms informiert. Dies beinhalte "Opfer von vielen".

Das Reformpaket von Bundeskanzler Gerhard Schröder nimmt Konturen an. Mit einem 15 Milliarden Euro schweren Kreditprogramm und zwei Milliarden Euro Direkthilfe für die Kommunen soll die Konjunktur angekurbelt werden. Vor der SPD-Fraktion kündigte Schröder am Dienstag nach Angaben von Teilnehmern zudem Änderungen beim Kündigungsschutz und die Fusion von Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf der Basis des Sozialhilfesatzes an. Im Gespräch ist zudem die Verkürzung der Bezugszeit des Arbeitslosengelds.

Bis zum Sommer sollen die Vorschläge zur Arbeitsmarkt- und Gesundheitspolitik nach den Worten von SPD-Fraktionschef Franz Müntefering Gesetz werden. Im Herbst sind die Bereiche Pflege und Rente an der Reihe.

Schröder will sein Reformpaket am Freitag in einer mit Spannung erwarteten Regierungserklärung vorstellen. Am Dienstag informierte er beide Koalitionsfraktionen über seine Reformvorhaben. Die Sozialsysteme müssten neu justiert werden, um sie den veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen, sagte der Kanzler vor Journalisten. Das erfordere Opfer und ein großes Maß an Disziplin in der Koalition.

Das Kreditprogramm, das über die Kreditanstalt für Wiederaufbau finanziert werden soll, umfasst nach Angaben aus der Fraktion jeweils 7,5 Milliarden Euro für Wohnungssanierungen und kommunale Projekte. Zudem sollen zwei Milliarden Euro als Zuschuss an die Kommunen gehen.

Im Kündigungsfall sollen die Arbeitnehmer künftig die Option auf Kündigungsklage oder Abfindung erhalten, berichtete Müntefering. Das Arbeitslosengeld II, das aus der Fusion von Arbeitslosen- und Sozialhilfe entstehen soll, werde nach den Vorstellungen des Kanzlers in der Größenordnung der Sozialhilfe liegen. Bei zusätzlichen Einkünften bis zu einer noch zu bestimmenden Höhe solle es aber keine Leistungskürzungen geben.

Schröder kündigte laut Müntefering auch Änderungen beim Leistungskatalog der Krankenversicherungen an. Ausgekoppelt werden sollen Leistungen, die "nicht zwingend zu einer Behandlung von Krankheiten gehören". Diese sollten dann "durch eigene Initiative oder staatlichen Hilfen" finanziert werden.

Deutliche Kürzungen bei Arbeitslosengeld im Gespräch

Zur Kürzung der Bezugszeit des Arbeitslosengeldes äußerte sich der Kanzler vor der Fraktion nicht. Ein solcher Schritt sei in der Sitzung aber aus den Reihen der Fraktion zur Diskussion gestellt worden, sagte Müntefering. Die "Welt" berichtete aus Regierungskreisen, die maximale Bezugsdauer solle von derzeit 32 Monate auf 18 Monate, möglicherweise sogar auf zwölf Monate, gekürzt werden. Davon erhoffe sich die Bundesregierung mittelfristig niedrigere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung.

Nach geltendem Recht ist die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes vor allem nach dem Alter gestaffelt. Ab 57 Jahren gibt es maximal 32 Monate Unterstützung, unter 45 Jahren höchstens zwölf Monate. Das Wirtschaftsministerium wollte den Bericht nicht kommentieren.

Ver.di-Chef Frank Bsirske sagte, er könne sich nicht vorstellen, dass die Gewerkschaften einen solchen Vorschlag mittrügen. Dem Kernproblem der Binnenmarktschwäche sei nicht damit beizukommen, dass den kleinen Leuten Geld gestrichen werde. Die Perspektive könne nicht sein, das Armutsrisiko der Arbeitslosen zu erhöhen.

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