Berlin Kann Westerwelle Außenminister bleiben?

Berlin · Unsicher bewege er sich auf internationalem Parkett. Während sein Vorgänger "ausländische Kollegen, selbst aus den fernsten Erdenwinkeln, wie alte Schulfreunde begrüßte", drücke sich der "weithin unbekannte Neuling" scheu durch den Uno-Palast, hält der "Spiegel" fest. Und als der Außenminister selbst einer Vollversammlung in New York vorzusitzen hatte, da sorgten sich seine Beamten wegen seiner schlechten Englisch-Kenntnisse: "Wenn es Streit gibt, kann der Minister doch gar nicht folgen." Was nach finaler Abrechnung mit Guido Westerwelle klingt, war gemünzt auf Hans-Dietrich Genscher, den glanzvollen FDP-Rekord-Außenminister, geschrieben im Herbst 1974.

Der vernichtenden Beschreibung Genschers folgten in der Realität 18 Jahre im Außenamt. Die letzten sieben sogar, nachdem Genscher den FDP-Vorsitz niedergelegt hatte, um sich – wie Westerwelle heute ebenfalls sagt – auf das Auswärtige Amt konzentrieren zu können. Im Unterschied zu Westerwelle behielt Genscher aber den Posten des Vizekanzlers. Und anders als Westerwelle heute war Genscher 1985, als er den Parteivorsitz aufgab, bereits im elften Jahr Außenminister und nach den Startproblemen fest verankert. "Bundesaußenminister Genscher" war eine vertraute Formulierung, die Beliebtheit und Verlässlichkeit ausstrahlte.

"Bundesaußenminister Westerwelle" ist für viele auch anderthalb Jahre nach Amtsantritt noch gewöhnungsbedürftig. Hinzu kommt die gebetsmühlenartig wiederholte Überzeugung: "Der kann es einfach nicht." Zum Teil hat sich das Westerwelle selbst zuzuschreiben, weil er monatelang stöhnte, wie anstrengend das Amt sei. Weil er das offenbar unterschätzt hatte, wirkte er umgehend überfordert. Auch alle internen Verdächtigungen über mangelnde Kontakte und Informationen deutscher Diplomaten werden seither allein ihm angelastet.

Mit dem Wegfall des Kabinettskollegen Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und mit seinem Agieren beim nordafrikanischen Aufstand gewann Westerwelle Statur; seine Umfragewerte verließen den Kellerboden. Die FDP-Abgeordneten, die ihr Amt mindestens zur Hälfte allein ihm zu verdanken haben, wollen loyal sein und anständig mit ihm umgehen. Aber ob Dankbarkeit allein reicht, fragen sich viele auch in der Union: Das werde "verdammt schwer". Schon laufen die ersten Wetten, dass er es nicht schafft, bis 2013 im Amt zu bleiben.

(RP)
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