Fernsehbericht K-Frage: Merkel wird verzichten

Magdeburg (rpo). CDU-Chefin Angela Merkel will nach Medienberichten auf die Kanzlerkandidatur der Union verzichten.

Kurz vor Beginn der CDU-Vorstandsklausur in Magdeburg berichtete der Fernsehsender n-tv am Freitag, Merkel habe sich entschlossen, nicht anzutreten und CSU-Chef Edmund Stoiber den Vortritt zu lassen. Dies habe sie später auch dem Präsidium mitgeteilt, berichtete der Sender und berief sich auf CDU-Führungskreise. Der bayerische Ministerpräsident würde damit bei der Bundestagswahl im September zum Herausforderer von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD).

Nach einem vorab veröffentlichten Bericht der "Passauer Neuen Presse" hat Merkel im Kreis ihrer Stellvertreter erklärt, dass sie Stoiber zum Kanzlerkandidaten vorschlagen wird. Ein Merkel- Stellvertreter habe dies der Zeitung bestätigt. Merkel und auch die CDU-Spitze dementierten die Berichte nicht ausdrücklich. Von der CSU war zu der Entwicklung zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Pressekonferenz um 17 Uhr

Merkel verwies bei ihrem Eintreffen in Magdeburg auf den Zeitplan zur Kanzlerkandidatur. "Das Verfahren wird wie abgesprochen durchgeführt, und von dieser Klausurtagung wird ein Aufbruchsignal, ein Signal des Sieges ausgehen." Die CDU wollte gegen 17 Uhr die Öffentlichkeit unterrichten.

Auch CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer hatte vor Beginn der Klausurtagung betont, dass der Fahrplan für die Kanzlerkandidatur "haarklein eingehalten wird". Das würde bedeuten, dass Merkel erst nach einem Gespräch mit Stoiber, das für die nächsten Tage erwartet wird, gemeinsam mit dem CSU-Chef einen Kandidatenvorschlag präsentieren wird.

Zu Beginn der Klausur, zu der sich zunächst das Präsidium der Christdemokraten traf, hatten sich zahlreiche CDU-Spitzenpolitiker gegen eine Vorentscheidung in Magdeburg ausgesprochen. Allerdings war dies eher darauf gemünzt gewesen, dass Merkel aus dem Lager der Stoiber-Befürworter zum Verzicht gedrängt werden könnte. Den Mitgliedern des Präsidiums, des engsten Führungsorgans der CDU, war die von den Medien beschriebene Entwicklung offenbar nicht bekannt, als sie in Magdeburg ankamen.

Ole von Beust: Verfahren strikt einhalten

Der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust hatte sich zuvor dafür ausgesprochen, das beschlossene Verfahren strikt einzuhalten. Auch die beiden Präsidiumsmitglieder Hildegard Müller und Peter Rauen erklärten, dass es auf der Präsidiumssitzung aus ihrer Sicht keine Vorentscheidung geben sollte. Eine Abstimmung würde die Einheit der Union gefährden, erklärte Müller. Rauen zeigte sich davon überzeugt, dass beide Vorsitzenden klug genug seien, der Union eine Kampfentscheidung zu ersparen.

Heiner Geißler (CDU) forderte Merkel auf, das Tauziehen schnell zu beenden, wenn sie bei der Klausurtagung keine Rückendeckung für eine eigene Kandidatur erhalten sollte. CDU-Vorstandsmitglied Wolfgang Schäuble sagte im infoRadio Berlin-Brandenburg zur Kandidatendebatte, die Zeit für Personalentscheidungen sei reif.

Treffen schon am Donnerstag?

Nach dpa-Informationen hat sich Angela Merkel möglicherweise bereits am Donnerstag oder am Freitag mit dem CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber in München getroffen. Merkel stand demnach am Freitag auf der VIP-Liste der Passagiere am Münchner Flughafen. Unklar war, wann Merkel in München angekommen war. Stoiber und Merkel hatten vereinbart, sich in einem persönlichen Gespräch über die Kanzlerkandidatur der Union zu verständigen. Merkel hatte am Freitag wenige Stunden vor Beginn der Klausur in Magdeburg einen Besuch in einer Zuckerfabrik unweit von Magdeburg abgesagt. Als Grund wurden Terminschwierigkeiten genannt.

Im Rennen um die Kanzlerkandidatur der Union hat sich Stoiber laut einer ZDF-Umfrage weiter von Merkel abgesetzt. Nach einem am Freitag veröffentlichten ZDF-Politbarometer Spezial sprechen sich 61 Prozent der Unionswähler für Stoiber aus, vier Prozentpunkte mehr als im Vormonat. Merkel sackte um einen Punkt auf 24 Prozent ab. Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, läge die Union um zwei Punkte verbessert gleichauf mit der SPD (- 2) bei 39 Prozent. Die Forschungsgruppe Wahlen befragte zwischen dem 8. und 10. Januar 1038 Wahlberechtigte.

(RPO Archiv)
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