Persönlich Jürgen Rüttgers ist unter die Denker gegangen

Manche Politiker aus der ehemals ersten Reihe begannen zu studieren (Erwin Teufel); andere gründeten Beraterfirmen (Joschka Fischer) oder eine Stiftung (Guido Westerwelle). Wieder andere arbeiten als Unternehmensführer (Roland Koch) oder Bundesverfassungsrichter (Peter Müller).

Der frühere NRW-Regierungschef (2005 bis 2010) Jürgen Rüttgers tut seit seiner unerwarteten Wahlniederlage gegen Hannelore Kraft das, was er als Intellektueller stets mit Leidenschaft tat: darüber nachdenken und schreiben, was die Welt der Politik und der politischen Parteien, was die Demokratie im Innersten zusammenhält. Der 63 Jahre alte Kölner Jurist lehrt am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Uni Bonn. Außerdem ist der ehemalige "Zukunftsminister" von Kanzler Helmut Kohl (1994 bis 1998 zuständig für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie) Honorarprofessor an der Maastricht School of Management und an der Ben Gurion University Beer-Sheva in Israel. Nun hat der verheiratete Vater von drei Kindern, treue Frankreich-Urlauber und Herzens-Europäer eine sorgfältig ausgearbeitete Analyse zur politischen Lage nach der Bundestagswahl 2013 vorgelegt.

Aus dem politischen Theoretiker Rüttgers lugt stets der Praktiker von einst hervor. Wer zwischen den Zeilen liest, glaubt auch Kritik an dem Erscheinungsbild seiner eigenen Partei, der CDU, wahrzunehmen. Rüttgers verweist zwar in seinen Anmerkungen zur Bundestagswahl 2013 auf die Erfolge der Union - übrigens auch in den großen Städten -, zugleich aber wendet er sich gegen ein nur pragmatisches Durchwursteln ("muddling through"): "Die Wähler wollen wissen, wofür die Parteien stehen. Dies gilt besonders für Stammwähler." An wohlfeiler Parteienschelte beteiligt sich Rüttgers nicht. Im Gegenteil: Er bezeichnet Parteien im Gleichklang mit dem Bundesverfassungsgericht als "verfassungsrechtlich notwendige Institutionen".

(RP)
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