US-Außenminister vermittelt im Atomstreit John Kerry vor Vermittlungscoup mit Iran?

Genf · Der US-Außenminister setzt auf Tempo im Atomstreit. Seine Teilnahme an den Gesprächen in Genf spricht für eine baldige Lösung des Konflikts.

US-Außenminister vermittelt im Atomstreit: John Kerry vor Vermittlungscoup mit Iran?
Foto: ap, Denis Balibouse

Erst neun Monate ist der Hüne mit dem schwarz-grauen Haar und dem breiten, leicht schiefen Lächeln im Amt — und doch könnte der amerikanische Außenminister John Kerry schon jetzt einen riesigen Erfolg für die amerikanische Diplomatie verbuchen: Beobachter werteten die überraschende Teilnahme des 69-Jährigen an den zweitägigen Atomgesprächen mit dem Iran in Genf als Zeichen für einen möglichen Durchbruch. Für gewöhnlich werden die sogenannten 5+1-Gespräche von weniger prominenten Unterhändlern geführt. Neben Kerry reisten auch seine Amtskollegen William Hague (Großbritannien), Laurent Fabius (Frankreich) und Guido Westerwelle an. Für heute wird zudem der russische Außenminister Sergej Lawrow erwartet.

Der Streit mit dem Iran um die befürchtete atomare Aufrüstung währt schon seit Jahren. Doch der Abgang des Scharfmachers und erklärten Israel-Feindes Mahmud Ahmadinedschad und die Wahl des als moderat geltenden Klerikers Hassan Rohani zum Präsidenten hatten ein diplomatisches Tauwetter ausgelöst. Kerry, der bereits als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im US-Senat Meriten auf dem internationalem Parkett erworben hatte, ergriff die Chance und machte offenbar Druck bei den Gesprächen — auch auf die Gefahr hin, den engen Partner Israel zu verärgern. So warb der US-Chefdiplomat vor seiner Reise nach Genf in Tel Aviv um die Unterstützung der Israelis. Dabei soll es am Flughafen Ben Gurion zu einem spannungsgeladenen Gespräch mit Premier Benjamin Netanjahu gekommen sein. Kerry ließ daraufhin ein gemeinsames Pressegespräch platzen, um den Partner nicht mit einem öffentlich ausgefochtenen Streit vorzuführen.

Netanjahu lehnt die Übergangslösung ab, die Kerry und Co. in Genf besprechen: Demnach soll Teheran sein Atomprogramm zunächst aussetzen. Im Gegenzug sollen einige der gegen das Land verhängten Wirtschaftssanktionen aufgeweicht oder auf ausländischen Bankkonten blockierte Gelder aus Öleinnahmen freigegeben werden.

In einem zweiten Schritt soll dann über ein umfassenderes Abkommen verhandelt werden. Dieses soll sicherstellen, dass der Iran nicht unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms an Atomwaffen arbeitet. Die neue Regierung in Teheran will diese Sorge ausräumen. Sie fordert aber im Gegenzug die Anerkennung des Rechts auf ein ziviles Atomprogramm, einschließlich der Urananreicherung auf bis zu fünf Prozent, sowie die Aufhebung von Wirtschaftssanktionen.

Unterdessen sorgte eine Meldung der BBC für Unruhe, wonach auch Saudi-Arabien nach Atomwaffen streben könnte, sollte das Mullah-Regime einen Durchbruch bei seinem Atomprogramm schaffen. Ein nicht namentlich genannter ranghoher Nato-Entscheidungsträger sagte dem Sender, dass "in Pakistan produzierte Atomwaffen für den Abtransport nach Saudi-Arabien bereitliegen". Die Quelle beruft sich auf entsprechende Geheimdienstberichte. Riad gilt seit Langem als Rivale Teherans um die Vormachtstellung in der Region und als großzügiger Unterstützer des pakistanischen Atomprogramms.

(maxi/RP)
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