Persönlich Joachim Gauck ... hat sein neues Thema gefunden

Wer durch die Buchhandlungen stöbert und bei "G" wie Gauck hängen bleibt, weiß sehr genau, wozu der Pastor am meisten zu sagen hat: "Freiheit" ist das Lebensthema des Bundespräsidenten. Aber ist der Begriff konkret genug, um zentrale Botschaften aussenden zu können, die im Alltag Orientierung geben? Joachim Gauck hat in diesem Jahr ein konkreteres Thema gefunden: die Menschenrechte.

In einer "Themenreise" machte er sein besonderes Interesse deutlich: Er besuchte zunächst Genf (Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen), dann Straßburg (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) und Den Haag (Internationaler Strafgerichtshof). Die Klammer zog er gestern in Berlin mit einer Grundsatzrede als Gastgeber eines groß angelegten Menschenrechtsforums im Schloss Bellevue.

Dabei würdigte er zum Jahrestag ihrer Verkündung die Allgemeine Menschenrechtserklärung nicht in den gewöhnlich wohlfeilen Worten. Er beklagte scharf, dass Worte und Taten auch nach 65 Jahren immer noch grausam auseinanderklaffen. Und er machte die Betroffenheit ganz konkret, indem er sich daran erinnerte, dass er acht Jahre alt gewesen sei, als die UN-Menschenrechtserklärung verabschiedet wurde: "Staatliche Repression war mir damals noch kein Begriff, aber schon wenig später erlebte ich, was es bedeutet, wenn ein geliebter Mensch plötzlich abgeholt wird, verschwindet und — nach Jahren der Ungewissheit — schwer gezeichnet an Körper und Seele zurückkehrt." Gauck sprach so über seinen eigenen Vater, der Opfer der sozialistischen Willkürjustiz wurde.

Ob Gauck damit in breiter öffentlicher Wahrnehmung durchdringt, steht auf einem anderen Blatt. Auch gestern ging seine Akzentsetzung in der konkurrierenden Ereignislage beinahe unter. Er nutzte sein Amt jedoch, um viele Aktivisten zu ermutigen. Sie würden ihn stets an ihrer Seite haben. Das markierte er als Versprechen seiner Amtszeit.

(may-)
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