Düsseldorf Japaner bangen um ihre Familien

Düsseldorf · Es hat gestern nur ein Thema im Hotel Nikko gegeben: das Erdbeben und den Tsunami. Über die beiden Flachbildschirme an der Rezeption liefen in Dauerschleife die Bilder von grauen Flutwellen, die Häuser und Autos vor sich herschoben wie Treibgut. Denn das Nobelhotel liegt mitten in der größten japanischen Kolonie Deutschlands an der Immermannstraße in Düsseldorf. Viele japanische Geschäftsleute saßen schweigend an den Tischen der Lobby; die meisten starrten abwechselnd und kopfschüttelnd auf den Fernseher und ihr Handy: Kaum einer erreichte seine Verwandten oder Kollegen in Tokio, Osaka oder Yokohama.

Die Stimmung jedoch war trotz der katastrophalen Nachrichten überraschend gelassen. Und so fasste die Musiklehrerin Kyoko Jastram beinahe lakonisch zusammen, was wohl alle im Foyer hofften: "Tokio wird wieder auferstehen. Wir stehen immer wieder auf." Doch während Tokio das Erdbeben traf, verwüstete im Osten des Landes die Tsunami-Welle das Festland. "Leider fehlen uns bislang viele umfassende Informationen über das ganze Ausmaß der Katastrophe, wir können derzeit noch nicht allzu viel sagen", kommentierte der japanische Vizekonsul aus Düsseldorf, Tsuyoshi Kawahara. Doch bereits am Vormittag erreichten das Konsulat zahlreiche Anrufe und E-Mails von deutschen Bürgern, die ihr Mitgefühl zum Ausdruck brachten. "Dafür sind wir sehr dankbar", betonte Kawahara.

Innerhalb der größten japanischen Gemeinde Deutschlands – zu der mehr als 8000 Japaner in Düsseldorf zählen – sei es gestern eher ruhig gewesen. "Alle waren damit beschäftigt, Kontakt mit ihren Familien und Freunden in der Heimat aufzunehmen", erklärte Yasuo Inadome, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des Japanischen Clubs. "Allen Betroffenen gilt mein herzliches Beileid und mein Zuspruch", betonte er. Was die Japaner in Düsseldorf unternehmen werden, um ihren Landsleuten zu helfen, war gestern noch nicht klar – auch nicht an der Heinrich-Heine-Universität. Dort repräsentiert das Institut für Modernes Japan eines der wissenschaftlich führenden Zentren in Deutschland, das sich mit Japans Sprache und Kultur befasst. "Wir werden bestimmt ein Zeichen setzen, doch noch ist es zu früh", sagte Michiko Mae, Leiterin des Instituts. Sie selbst hat eine Schwester in Yokohama, die das Beben unversehrt überstand.

Bilder von diesem verheerenden Erdbeben liefen den ganzen Tag lang über die Fernsehbildschirme im japanischen Viertel. Egal, ob in den kleinen Supermärkten, Einrichtungsgeschäften oder in den Restaurants rund um die Immermannstraße – der Blick der Japaner ging in die Heimat.

Doch trotz der erschütternden Nachrichten wirkten die Japaner ruhig und gefasst. "Japan ist das Land des Erdbebens. Das ist nichts Neues", sagte Yasuo Inadome und brachte die Befindlichkeit auf den Punkt: "Gelassenheit ist gefragt. Panik hilft jetzt nicht weiter."

(RP)
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