Persönlich Jacques Tilly . . . provoziert mit seinen Motiven

Wenn Donald Trump und Jacques Tilly, Wagenbaumeister des Düsseldorfer Rosenmontagzuges, aufeinandertreffen, konnte keiner erwarten, es werde zärtlich zur Sache gehen. Und so kam es: Tilly zeigt Trump als Vergewaltiger der Miss Liberty, die sich daraufhin rächt und ihm das blondbeschopfte Haupt abschlägt.

Kaum waren die Wagen auf der Straße, sausten ihre Fotos durchs Netz. Damit hat Tilly einmal mehr geschafft, was Düsseldorfs Karnevalisten jubeln lässt: Der Rosenmontagszug der Landeshauptstadt, dank Tilly der politischste Deutschlands, hat der Stadt weltweit mehr Bekanntheit gebracht als jede PR-Kampagne. Ohne Tilly wäre das nicht denkbar.

Der Mann, 53 Jahre alt, baut seit über 20 Jahren die Wagen für den närrischen Umzug. Von Jahr zu Jahr schärft er damit das Profil des rollenden Events. Dass seine Mottowagen bis zur letzten Sekunde geheim bleiben, steigert die Neugier auf das, was er erdacht haben könnte. Tilly, den manche als Mann fürs Grobe bezeichnen, ist in Wahrheit ein Feingeist, ein Mensch mit verblüffender Allgemeinbildung. Literatur, Religion, Philosophie, Politik, Wirtschaft - ihn interessiert alles, was um ihn herum vorgeht. Er hat zu vielem eine Meinung, und kann sie stets begründen, Gott und die Welt sind für ihn vor allem eins: spannend. Vor allem Gott. Tillys Wagen zum Thema Religion haben ihm mehr als einen bösen Blick von klerikaler Seite eingebracht.

Der Agnostiker mit dem roten Overall als Markenzeichen (die Farbe ist keineswegs Zufall) sieht das als Bestätigung, richtig zu liegen. Nur eins fürchtet er: Lob und Zuspruch. Das wäre für ihn das Signal, zu brav gewesen zu sein. Umso mehr freut es ihn, wenn seine dreidimensionalen Karikaturen aus Draht, Leim, Pappmaché und Farbe Debatten voller Leidenschaft auslösen. Das will er erreichen: Man setzt sich auseinander mit dem, was er aufpickt. Genau das passiert gerade wieder.

Hans Onkelbach

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort