Berlin Israels Premier bei der Kanzlerin

Berlin · Deutschland wird einen Palästinenser-Staat nicht anerkennen. Das gelte heute und auch im September, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern ihrem Gast, Israels Premierminister Benjamin Netanjahu, zu. Damit bezog sie sich auf die Absicht der Palästinenser, im September einen eigenen Staat auszurufen. Bei seinem Berlin-Besuch sah sich Netanjahu jedoch verstärktem Druck auf einen Neustart des Nahost-Friedensprozesses ausgesetzt. Ein Ende des Stillstandes sei "dringlicher denn je", unterstrich die Kanzlerin nach einem Vier-Augen-Gespräch im Kanzleramt.

Netanjahu bezeichnete Merkel als "eine gute Freundin Israels", und auch Merkel sprach von "sehr freundschaftlichen Gesprächen". Sie vergaß jedoch nicht, auf "Differenzen" und "Kontroversen" hinzuweisen. Gerade über die fortgesetzte Siedlungstätigkeit Israels in palästinensischen Gebieten hatte sich die Kanzlerin wiederholt verärgert geäußert. Netanjahu zeigte sich sicher, dass auf dem Weg zu einem dauerhaften Frieden im Nahen Osten die israelischen Siedlungen "kein echtes Hindernis" seien. Er bat freilich um Geduld.

Geduld aber hat das Nahost-Quartett (Uno, USA, EU und Russland) immer weniger. Vor Netanjahus Besuch waren Überlegungen Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands bekannt geworden, einen unabhängigen palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 vorzuschlagen. Dieses "Großpalästina" hatte Netanjahu bei seinem Berliner Besuch unbedingt verhindern wollen, hieß es aus israelischen Regierungskreisen. Als Antwort gab Merkel ihrem Gast die Forderung auf den Weg, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Stattdessen verschärften sich die blutigen Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern erneut. Nach dem Beschuss eines israelischen Schulbusses durch radikale Palästinenser setzte Israel Panzer, Hubschrauber und Kampfjets gegen Ziele im Gaza-Streifen ein und aktivierte auch erstmals seine neue Raketenabwehr "Iron Dome".

Netanjahu bat dem Vernehmen nach auch um ein weiteres Entgegenkommen Deutschlands bei der Lieferung von U-Booten. Merkel ging offiziell darauf nicht ein. Netanjahu hob aber hervor, er kenne keinen Regierungschef in der Welt, der größere Unterstützung gezeigt habe als die Bundeskanzlerin.

(RP)
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