Schwerste Gewalt seit Monaten Israelische Armee tötet 15 Palästinenser

Gaza/Ramallah (rpo). Die Veröffentlichung des Nahost-Friedensplans ist gerade einen Tag alt. Jedoch: Am Donnerstag haben israelische Soldaten 15 Palästinenser getötet, darunter drei Kinder.

Darunter waren drei Kinder im Alter von zwei, vier und 15 Jahren und ein älterer, geistesbehinderter Mann, berichteten palästinensische Augenzeugen. Mehr als 60 Palästinenser und mehrere Soldaten wurden zum Teil schwer verletzt.

Die schwersten Zusammenstöße seit Monaten folgten nur wenige Stunden, nachdem die Mitglieder des so genannten Nahost-Quartetts beiden Konfliktparteien ihren gemeinsamen Friedensplan übergeben hatten. Mit ihm soll eine dauerhafte Beendigung des Konflikts innerhalb von drei Jahren erreicht werden. Dazu gehört auch die Gründung eines unabhängigen Palästinas. US-Präsident George W. Bush appellierte an beide Seiten, guten Willen bei der Umsetzung des Plans zu zeigen.

Keine Reaktionen zum Friedensplan

Sowohl bei den Palästinensern als auch in Israel gab es zu dem weitgehend bekannten Friedensplan am Donnerstag keine Reaktionen. China begrüßte die Veröffentlichung des "Fahrplans" und forderte beide Seiten auf, aktiv zum Gelingen des Friedensprozesses beizutragen.

Allein zwölf Palästinenser starben bei den stundenlangen Gefechten zwischen israelischen Truppen und Angehörigen der radikalen Hamas- Organisation in Schadschahija im Osten von Gaza. In dem Dorf Jata bei Hebron im Westjordanland erschossen Soldaten am Morgen zwei weitere Palästinenser. Ein Sprecher der neuen palästinensischen Regierung nannte die israelischen Angriffe im Gazastreifen "nicht hilfreich" im Hinblick auf die Veröffentlichung des "Nahost-Fahrplans".

Aus Schießereien wurden Straßenkämpfen

Nach Armeeangaben waren die Truppen vor Morgengrauen mit zahlreichen gepanzerten Fahrzeugen in das dicht bewohnte Viertel Schadschahija östlich von Gaza eingedrungen. Dort umstellten sie einen Wohnblock, in dem sich nach ihren Informationen führende Aktivisten der radikalen Hamas-Organisation aufhielten. Die Bewohner, darunter zahlreiche Frauen und Kinder, weigerten sich jedoch, das Gebäude zu verlassen.

Es kam zu schweren Schießereien, die die Form von Straßenkämpfen annahmen. Augenzeugen berichteten, Soldaten und militante Palästinenser hätten sich in den engen Gassen des Viertels stundenlang Gefechte geliefert. Ein Palästinenser habe während der Kämpfe einem tödlichen Herzanfall erlitten. Unter den getöteten Palästinensern befanden sich auch die drei von Israel gesuchten Hamas-Extremisten.

Israelische Truppen drangen auf autonomes Palästinensergebiet vor

Israelische Truppen drangen auch bei Rafah im äußersten Süden des Gazastreifens auf autonomes Palästinensergebiet vor. Nach Armeeangaben zerstörten sie dort mehrere unbewohnte Häuser und Tunnels, durch die Palästinenser Waffen vom benachbarten Ägypten in den Gazastreifen geschmuggelt haben sollen. Nach palästinensischen Angaben sprengten Soldaten insgesamt 20 Gebäude.

Die israelische Polizei fahndete am Donnerstag nach einem Palästinenser mit einem britischen Pass, der am frühen Mittwochmorgen mit einem Landsmann einen Doppelselbstmordanschlag vor einem Musiklokal in Tel Aviv versucht hatte. Der von ihm getragene Sprengstoffgürtel explodierte jedoch nicht und es gelang ihm zu fliehen. Der zweite Attentäter sprengte sich dagegen in die Luft und tötete dabei drei Israelis, darunter ein Musiker. Nahezu 50 Menschen, darunter einige Ausländer, erlitten zum Teil schwere Verletzungen. Zur Tat bekannten sich die radikale Hamas-Organisation und die Al- Aksa-Brigaden, der bewaffnete Arm der Fatah-Organisation von PLO-Chef Jassir Arafat.

Powell: Für neue Nahost-Friedenskonferenz ist es zu früh

US-Außenminister Colin Powell hat Spekulationen über eine baldige neue Nahost-Friedenskonferenz zurückgewiesen. Für ein solches Treffen sei die Zeit noch nicht gekommen, sagte er am Donnerstag in Madrid. Zunächst müsse die Entwicklung nach der Vorlage des so genannten Fahrplans zum Nahost-Frieden beobachtet werden. Zudem müsse die Gewalt auf Seiten von Palästinensern und Israelis ein Ende haben. Vorfälle wie der jüngste Selbstmordanschlag dürften den Fahrplan aber nicht stören

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