Große Koalition in Sicht Israelis töten palästinensischen Sicherheitsbeamten

Jerusalem (AP). Mit einem gezielten Raketenangriff haben die israelischen Streitkräfte am Dienstag einen hohen palästinensischen Offizier getötet. Die israelische Regierung gab offen zu, dass der 54-jährige Major Massud Ajjad vorsätzlich liquidiert wurde und nannte ihn einen Terroristen, der Verbindungen zur radikalislamischen Hisbollah-Miliz gehabt habe. Der amtierende Ministerpräsident Ehud Barak sprach den Streitkräften seine "herzlichen Glückwünsche" aus. Dagegen nannte die palästinensische Regierung den Vorfall ein Kriegsverbrechen.

Unterdessen kamen sich der rechte Likud-Block des bei der Wahl zum Ministerpräsidenten siegreichen Hardliners Ariel Scharon und die Arbeitspartei seines unterlegenen Vorgängers Barak bei ihren Koalitionsverhandlungen einen großen Schritt näher. Wie Scharons Sprecher Raanan Gissin am Dienstag berichtete, stellten Vertreter von Scharons Likud-Partei und Baraks Arbeitspartei in der Nacht den Entwurf einer Koalitionsvereinbarung fertig. Mit den Palästinensern werde nur noch ein Teilabkommen angestrebt, hieß es, was diese bislang strikt ablehnten. "Wenn Barak nicht noch eine Überraschung in letzter Minute parat hat", sei die Einigung erzielt, sagte Gissin. Ein Vermittler der Arbeitspartei sagte aber, es seien noch viele Fragen offen.

Der getötete Major Ajjad war Mitglied der palästinensischen Elitepolizeitruppe "Force 17". Israel wirft ihm vor, Verbindungen zur libanesischen Hisbollah unterhalten zu haben und verantwortlich für Angriffe auf jüdische Siedlungen im Gazastreifen zu sein. Sein Sohn wurde vor zwei Wochen festgenommen. Zwei Kampfhubschrauber hatten am Morgen nahe dem Flüchtlingslager Dschebelija Raketen auf den Wagen Ajjads gefeuert. Das Auto wurde direkt getroffen und brannte völlig aus. Vier Passanten wurden verletzt.

Israel hat in jüngster Zeit des Öfteren angebliche palästinensische Milizführer getötet. Barak nannte Ajjads Tötung "eine klare Botschaft an alle, die vorhaben, Israelis anzugreifen". Der stellvertretende Verteidigungsminister Ephraim Sneh sagte, Israel habe sich entschlossen, Ajjad zu töten, nachdem die Möglichkeiten, ihn zu fassen, erschöpft gewesen seien. Der palästinensische Justizminister Freih Abu Medein warf Israel hingegen Kriegsverbrechen vor. "Israel ist ein Staat, der sich über das Gesetz stellt", sagte der Minister. Er wies die Vorwürfe zurück, Ajjad habe Beziehungen zur Hisbollah unterhalten.

Am Dienstag wurde auch ein 13-jähriger Palästinenser an der Nezarim-Kreuzung im Gazastreifen getötet. Augenzeugen zufolge sollen israelische Soldaten ohne Vorwarnung geschossen haben. Die Streitkräfte bestritten aber, etwas mit dem Vorfall zu tun zu haben. In Chan Junis kam es am Dienstag den zweiten Tag in Folge zu heftigen Feuergefechten zwischen Israelis und Palästinensern. Dabei setzten die Israelis Panzer und Maschinengewehre ein. Nach Angaben von Ärzten erlitten über 60 Menschen Schussverletzungen.

Autonomiegebiete vor dem Ruin

Unterdessen warnte der UN-Sondergesandte für die palästinensischen Autonomiegebiete, Terje Larsen, vor den Folgen der anhaltenden israelischen Blockade. Diese stünden vor dem wirtschaftlichen Ruin, sagte Larsen am Dienstag. Bislang habe die palästinensische Wirtschaft dadurch 1,15 Milliarden Dollar (2,43 Milliarden Mark/1,24 Milliarden Euro) verloren. Die Arbeitslosigkeit sei von elf auf 38 Prozent gestiegen. Wenn dies so weitergehe, sei der Zusammenbruch der palästinensischen Institutionen absehbar. Chaos und Anarchie wären die Folgen.

(RPO Archiv)
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