Verwandte von Attentäter ausgewiesen Israel schiebt Angehörige in den Gazastreifen ab

Jerusalem (rpo). Israel setzt seine Ankündigung um und schiebt Angehörige von Attentätern in den Gazastreifen ab. Am Mittwoch wurden zwei Geschwister eines palästinensischen Extremisten ausgewiesen.

Intissar und Kifah Adschuri nahmen von ihren Familien im Westjordanland Abschied, bevor sie von einem Militärkonvoi in den Gazastreifen gebracht werden sollten. Der Oberste Gerichtshof in Israel hatte am Dienstag gegen den Protest von Menschenrechtsorganisationen die Ausweisung von Verwandten palästinensischer Attentäter gebilligt.

Intissar und Kifah Adschuri wurden zunächst zum Grenzübergang Eres gebracht, von wo aus sie später in den Gazastreifen gefahren werden sollten. Palästinensische Sicherheitsvertreter wiesen israelische Berichte zurück, wonach die Autonomiebehörde die Geschwister nicht einreisen lassen wolle. Die beiden sollten entweder in einem Hotel oder in einem Siedlungsprojekt im Gazastreifen untergebracht werden. Die Adschuris sollen gewusst haben, dass ihr Bruder Ali, ein Mitglied der Al-Aksa-Märtyrer-Brigaden, Selbstmordanschläge organisierte. Intissar Adschuri soll Sprengstoffgürtel für die Attentäter genäht haben.

Der palästinensische Informationsminister Jassir Abed Rabbo kündigte an, eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats über die Ausweisungen zu beantragen. Menschenrechtler verurteilten diese als Kollektivstrafe und Verstoß gegen das Völkerrecht. Die israelische Regierung sieht darin zusammen mit der Zerstörung von Häusern von Terrorverdächtigen eine Abschreckung von weiteren Tätern.

Annan nennt Israels Vorgehen illegal

Israels Vorgehen gegen Angehörige von Terroristen verstößt nach Worten von UN-Generalsekretär Kofi Annan gegen das internationale Menschenrecht. Annan übte am Mittwochabend heftige Kritik daran, dass Israel ungeachtet internationaler Kritik erstmals zwei Angehörige eines mutmaßlichen palästinensischen Terroristen in den Gazastreifen abgeschoben hat. "Solch ein Abschieben ist illegal", zitierte ein UN-Sprecher Annan am Mittwoch in New York. Es könne sehr schwere Folgen für die Politik und Sicherheit haben.

Er habe die palästinensischen Selbstmordattentate immer verurteilt und Israel das Recht auf Selbstverteidigung zugesprochen. Dieses rechtfertige jedoch keine kollektive Bestrafung. Annan mahnte Israel, seiner Verpflichtung nach der Vierten Genfer Konvention von 1949 nachzukommen und solche Aktionen zu unterlassen.

Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon erklärte sich unterdessen einem Zeitungsbericht zufolge bereit, persönlich wieder Gespräche mit den Palästinensern aufzunehmen. Wie die Zeitung "Jediot Ahronot" am Mittwoch berichtete, wurde Scharon telefonisch von einem hochrangigen palästinensischen Vertreter ein Treffen vorgeschlagen. Er habe zugesagt. Das wäre nach der Einschätzung von Beobachtern eine Kehrtwende in Scharons bisheriger Strategie, seit Beginn der Intifada vor knapp zwei Jahren keine direkten Gespräche zu führen.

Laut "Jediot Ahronot" sagte Scharon: "Ihre Hoffnung, dass wir zerbrechen, hat sich als falsch erwiesen." Israel habe den schrecklichen Prüfungen des Terrors standgehalten. "Im Gegensatz dazu gibt es Risse in der palästinensischen Gesellschaft, weil sie verstanden haben, dass sie keinen Erfolg mit dem Versuch haben werden, uns zu brechen", sagte Scharon weiter. Deshalb hätten sich die Palästinenser an ihn gewendet. Rabbo erklärte hingegen, dass es keine Gespräche geben werde, solange Israel seine Verbrechen am palästinensischen Volk fortsetze.

In der Nähe des Wohnhauses von Scharons Vorgänger Ehud Barak wurde am Mittwoch eine mutmaßliche Bombe gefunden. Wie die Polizei mitteilte, handelte es sich um einen Hydranten mit einem daran befestigten Mobiltelefon. Barak halte sich derzeit nicht im Land auf, und sein Haus im Tel Aviver Vorort Cochaw Jair stehe leer.

(RPO Archiv)
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