Israel rüstet deutsche U-Boote atomar auf

Deutschland unterstützt mit Waffenlieferungen die nukleare Aufrüstung Israels zur See. Das sieht das Magazin "Spiegel" durch Recherchen vor Ort und eine Äußerung von Verteidigungsminister Ehud Barak bestätigt: Deutschland habe die Existenz des Staates Israel "für viele Jahre gesichert".

Haifa/Düsseldorf Deck zwei und drei der "Tekuma" sind für die deutschen Reporter tabu. Hier sollen die atomaren Marschflugkörper des U-Boots verstaut sein, lassen die militärischen Begleiter in Haifa durchblicken. Die "Tekuma" ist demnach eines von drei U-Booten, die die atomare Abschreckung Israels zur See sicherstellen. Das Besondere daran: Die "Tekuma" lief im Juli 1998 bei der Howaldtswerke-Deutsche Werft in Kiel vom Stapel. Bezahlt wurde sie zur Hälfte von der Bundesrepublik Deutschland.

Wie das Magazin "Spiegel" jetzt berichtet, werden die U-Boote zurzeit mit Flugkörpern ausgestattet, die einen Nuklearsprengkopf tragen. Damit sei es Israel gelungen, "sich ein schwimmendes Atomwaffen-Arsenal zuzulegen", schreibt das Magazin. "Die Deutschen können stolz darauf sein, die Existenz des Staates Israel für viele Jahre gesichert zu haben", wird der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak zitiert.

Gerüchte um die Atombewaffnung der drei Boote gibt es schon seit vielen Jahren. Die U-Boote der "Dolphin"-Klasse sind die Vorgänger der Baureihe 212, die die Deutsche Marine (vier Einheiten) und die italienische (zwei) einsetzen: Die hochmodernen, nur schwer zu ortenden U-Boote besitzen nach Angaben der Deutschen Marine einen auf der Welt einmaligen Hybridantrieb (Diesel und Brennstoffzellen). Er ermöglicht unabhängig von Außenluftzufuhr Dauertaucheinsätze über mehrere Wochen.

Die israelischen Boote sollen nachträglich mit größeren Torpedorohren ausgestattet worden sein, was Experten vermuten ließ, dass damit Marschflugkörper abgefeuert werden sollten. Israel macht grundsätzlich keine Aussagen zu seiner Atombewaffnung. Nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri besitzt es aber rund 80 atomare Sprengköpfe. Die Stationierung auf See soll sicherstellen, dass selbst bei einer Vernichtung Israels, wie sie der Iran androht, noch ein nuklearer Gegenschlag möglich wäre – U-Boote mit Atomwaffen gelten als Zweitschlagswaffen, die einem Gegner klarmachen sollen, dass er bei einem Angriff als Zweiter stirbt. Über die israelischen Marschflugkörper auf Schiffen gibt es nur widersprüchliche Berichte: Angeblich ist 2001 im Indischen Ozean erstmals eine solche tieffliegende Rakete mit einer Reichweite von 1500 Kilometern erfolgreich getestet worden. Andere Quellen behaupten, eine solche Waffe sei bis heute nicht einsatzbereit. Aufgrund der "Spiegel"-Veröffentlichung sah sich Regierungssprecher Steffen Seibert gestern veranlasst, die umstrittene Rüstungslieferung zu verteidigen. "Die Bundesregierung steht mit der Lieferung von U-Booten an Israel in der Kontinuität ihrer Vorgängerregierungen", betonte Seibert. "Die Lieferung erfolgt ohne Bewaffnung; an Spekulationen über die spätere Bewaffnung beteiligt sich die Bundesregierung nicht." Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe sich, wie ihre Vorgänger, mehrfach zur besonderen Verantwortung Deutschlands für die Sicherheit Israels geäußert. Andreas Peschke, Sprecher von Außenminister Guido Westerwelle (FDP), ergänzte: "Ganz grundsätzlich gilt, dass das Recht Israels, in Sicherheit zu leben, eine der Grundkoordinaten deutscher Nahostpolitik ist." Die SPD forderte dagegen eine Aufklärung des Falles.

Wenn es um Waffenlieferungen an Israel geht, reagiert die deutsche Politik seit Jahrzehnten äußerst zurückhaltend. Exporte in Krisenregionen stehen unter besonderen Auflagen – das gilt aber nicht für Israel. Wegen des Holocaust liefert Deutschland bereits seit Ende der 50er Jahre möglichst diskret Waffen an den jüdischen Staat. Das war zuletzt von Schriftsteller Günter Grass mit Blick auf die "Dolphin"-U-Boote heftig kritisiert worden.

(RP)
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