Algier Islamisten drohen mit neuer Geiselnahme

Algier · Das algerische Militär will nach eigenen Angaben 650 Geiseln aus der Gewalt der Terroristen befreit haben.

Es ist die größte Geiselnahme der jüngsten Zeit. Mehr als 700 Menschen sollen auf dem Gasfeld in der algerischen Wüste gewesen sein, als am Mittwoch 20 schwer bewaffnete Männer das Terrain überfielen. Trotz eines Befreiungsversuchs der algerischen Armee befanden sich gestern noch 60 Menschen, viele von ihnen Ausländer, in den Händen der Kidnapper. Die übrigen wurden entweder getötet oder befreit. Die algerischen Behörden erklärten, sie hätten 650 Geiseln gerettet. Anscheinend sind die Wohnkomplexe für die Arbeiter mit Sportstätten, Kino und medizinischen Einrichtungen befreit. Die Förderanlage befindet sich den Angaben zufolge aber noch in der Hand der Terroristen.

Ein Arbeiter der Catering-Firma CIS, die etwa 150 Algerier auf dem Bohrfeld beschäftigt, sagte dem französischen Fernsehen, er habe sich 40 Stunden lang unter seinem Bett versteckt, ehe Soldaten ihn befreiten. Bei dem Angriff sollen zahlreiche Menschen getötet worden sein, darunter auch Geiseln: Sicherheitskräfte sprechen von 30 toten Geiseln.

Entsprechend groß war der Ärger in London über den Alleingang der algerischen Regierung. Algier hatte die internationalen Partner vor der Befreiungsaktion nicht konsultiert. Erst als die Operation lief, sei er von seinem Amtskollegen informiert worden, sagte der britische Premier David Cameron. Unter den Geiseln sind auch mehrere Briten. Mindestens einer von ihnen soll getötet worden sein. "Wir haben es mit einer veränderlichen und gefährlichen Situation zu tun", sagte Cameron. Irritiert über die Vorgehensweise der Algerier zeigte sich auch Japan, das noch 14 seiner Bürger vermisst. Drei Japaner konnten fliehen. Der algerische Botschafter wurde zum Gespräch ins Außenministerium in Tokio einbestellt. Auch die USA beklagten sich über die Kommunikationspolitik Algiers. Algeriens Innenminister Dahou Ould Kabila hatte gleich zu Beginn der Geiselnahme Verhandlungen mit den Kidnappern ausgeschlossen.

Bei dem Anführer der Terroristen handelt es sich um den Algerier Mokhtar Belmokhtar. In dem kaum kontrollierten Gebiet zwischen Südalgerien, Mali, Tschad, Niger und Mauretanien soll er für verschiedene Geiselnahmen verantwortlich sein. Seine Brigade Al Mouthalimin, was übersetzt "Die mit Blut unterschreiben" bedeutet, soll bis zu 300 Mann stark sein. Bis vor Kurzem war Belmokhtar einer der bekanntesten Anführer des nordafrikanischen Al-Qaida-Ablegers AQMI ("Al Qaida im islamischen Maghreb"). Es gibt Gerüchte, er sei bei der Militäroperation getötet worden.

Die Geiselnehmer haben weitere Aktionen gegen Ausländer angekündigt. Die mauretanische Nachrichtenagentur ANI zitiert einen Al-Mouthalimin-Sprecher mit den Worten, man plane weitere Operationen. Alle Algerier seien aufgerufen, Standorte ausländischer Unternehmen im Land zu meiden.

Die Terroristen begründen ihre Aktionen mit dem französischen Militäreinsatz im benachbarten Mali. Den Vormarsch der französischen und malischen Truppen konnten die Islamisten nicht stoppen. Malische Verbände eroberten die strategisch wichtige Stadt Kona in der Landesmitte zurück, deren Erstürmung durch Islamisten vergangene Woche Frankreichs Eingreifen provoziert hatte. "Wir haben Kona völlig unter Kontrolle", erklärte das Oberkommando in Bamako. In den Reisfeldern im Umland von Kona wurde weiter gekämpft. Malische Truppen rückten aber weiter in Richtung auf die von Rebellen gehaltene Stadt Douentza vor und standen in Niono rund 60 Kilometer vor Diabali.

(RP)
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