Interview Isabel Pfeiffer-Poensgen „Auch die Museen müssen ab Montag schließen“

Düsseldorf · Die NRW-Kulturministerin tut sich zwar schwer mit den Beschlüssen des Berliner Krisengipfels, doch müsse angesichts des starken Infektionsgeschehen gehandelt werden. Die Enttäuschung vieler Kulturschaffender könne sie gut verstehen.

 NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen

NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Vom Berliner Krisengipfel blieben viele Fragen zurück; eine davon: Was ist eigentlich mit den Museen? Müssen diese ab Montag auch wieder schließen?

Pfeiffer-Poensgen Was ich zumindest als Tendenz sagen kann - auch nach Gesprächen mit meinen Amtskollegen aus den anderen Bundesländern,- ist, dass wohl auch die Museen unter die Schließung fallen werden. Heißt: Ab Montag werden sie für den November geschlossen bleiben. Noch laufen die Verhandlungen für die Neufassung der Corona-Schutzverordnung, sie wird aber sobald wie möglich veröffentlicht.

Hatten Sie vor dem Berliner Treffen mit Ministerpräsident Armin Laschet sprechen können - über die Lage der Kultur auch in NRW?

Pfeiffer-Poensgen Wir hatten am Dienstag eine Kabinettssitzung. Die Gespräche fanden statt vor dem Hintergrund des enormen Infektionsgeschehens, das wir in Nordrhein-Westfalen haben. Da zeichneten sich schon bestimmte Tendenzen ab. Bei dieser Sitzung haben wir auch ausführlich über die Situation der Kultur gesprochen.

Wie bewerten Sie als Kulturministerin die Beschlüsse?

Pfeiffer-Poensgen Das sind für mich sehr schwierige Tage und ich will gar nicht verheimlichen, dass ich mich mit den Beschlüssen sehr schwer tue. Aber es gibt zwei gewichtige Argumente, die wir nicht so einfach übergehen können. Zum einen wissen wir inzwischen bei 75 Prozent der Infektionen nicht mehr, wo sie entstanden sind. Auch wenn wir für die übrigen 25 Prozent wohl sagen können, dass Theater und andere Kultureinrichtungen keine Infektionsherde sind und mit der Situation sehr verantwortungsvoll umgegangen sind, ist die augenblickliche Lage so, dass wir etwas tun müssen. Vor zwei Wochen haben wir vor allem noch auf private Events geschaut. Das können wir jetzt nicht mehr. Zum anderen: Nordrhein-Westfalen bewegt sich an der Spitze des Infektionsgeschehens. Und wenn andere Bundesländer mit viel entspannteren Situationen den gleichen, schwierigen Weg mitgehen, dann ist es für uns keine Option, einfach auszuscheren. Vor diesem Dilemma stehen wir. Das muss ich als Ministerin, die für Kultur verantwortlich ist, zur Kenntnis nehmen.

Können Sie denn die Enttäuschung der jetzt betroffenen Kulturschaffenden verstehen, die sich in den vergangenen Monaten überzeugende Hygienekonzepte haben einfallen lassen?

Pfeiffer-Poensgen Das kann ich absolut verstehen. Ich habe bei meinen Besuchen ja selbst erlebt, wie verantwortungsvoll da gehandelt worden ist. Trotzdem gab es die Entscheidung, dass wir es nicht einfach laufen lassen können. Es ist eine extreme traurige Situation, in der wir uns befinden. Und ich weiß auch, dass vier Wochen eine lange Zeit sind.

Gibt es denn ein Szenario, das über November hinausreicht?

Pfeiffer-Poensgen Das Ende der Anordnungen ist mit dem 30. November ganz klar definiert. Solche Eingriffe dürfen nur auf die unmittelbare Notsituation begrenzt bleiben. Dennoch kann ihnen heute niemand mit Gewissheit sagen, ob wir das Ziel, die Welle zu brechen, Ende November auch erreichen.

Der Bund will Einrichtungen mit bis zu 75 Prozent des Novemberumsatzes 2019 unterstützen. Welche Möglichkeiten hat zusätzlich das Land?

Pfeiffer-Poensgen Es ist das Hauptziel, dass alle – Einrichtungen und freie Künstlerinnen und Künstler - die Zeit jetzt auch durchstehen. Als Land haben wir seit dem Sommer schon viel getan, unter anderem rund 13.500 Förderstipendien für freischaffende Künstlerinnen und Künstler vergeben, die diese finanziell bis zum Jahresbeginn existenziell absichern sollen. Auch Kultureinrichtungen fördern wir mit 80 Millionen aus dem Kulturstärkungsfonds. Wichtig ist jetzt, dass wie im Bund-Länder-Beschluss angekündigt die Überbrückungshilfe des Bundes auch für Solo-Selbständige geöffnet wird und damit auch für freie Künstlerinnen und Künstler. Hier ist der Bund gefordert und ich bin ich mir mit den anderen 15 Kulturministern aus den Ländern einig, dass wir das eng begleiten und einfordern werden.

Werden Sie jetzt das Gespräch mit Betroffenen suchen

Pfeiffer-Poensgen Eine erste Runde ist für Montagnachmittag geplant, um die Maßnahmen an der Praxis zu besprechen – leider nur als Videokonferenz. Eingeladen sind unter anderem auch Michael Becker, Intendant der Düsseldorfer Symphoniker und René Heinersdorff, Leiter des Theaters an der Kö und Sprecher der Privattheater für den Deutschen Bühnenverein. . Das wird sicherlich nicht das letzte Gespräch dieser Art sein. Es ist mir an dieser Stelle wichtig zu betonen: Wenn sich alle so solidarisch und verantwortungsbewusst verhalten hätten wie die Kultur , dann hätten wir jetzt nicht in diesem Ausmaß das Problem, in dem wir stecken.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort