Brüssel Interne Kritik an Belgiens Atomaufsicht

Brüssel · Ein Report über die Zustände in der staatlichen Atomaufsicht versetzt Belgien in Aufruhr. In einem Kontrollbericht, der am Freitag im Aufsichtsrat der Behörde vorgetragen werden soll, wird das Betriebsklima als "toxisch" beschrieben. Es gebe schwerwiegende Defizite bei der Personalführung.

 Die Reaktorblöcke Doel 1 und 2 bei Antwerpen.

Die Reaktorblöcke Doel 1 und 2 bei Antwerpen.

Foto: dpa, jw jak kde

Die Verfasser sollen ausführliche Gespräche mit 60 Beteiligten geführt haben, darunter vor allem Mitarbeiter. Die Enthüllungen nähren alte Zweifel an der Unabhängigkeit der belgischen Atomaufsicht. Ihr wird schon lange unterstellt, sie pflege eine zu große Nähe zum Betreiber der sieben Reaktorblöcke Belgiens, dem Konzern Electrabel. Der Bericht unterstützt diese Sichtweise.

Dort heißt es etwa: "Es herrscht der Eindruck, dass sich die Unabhängigkeit der Kontrollbehörde gegenüber der Politik und der Wirtschaft Schritt für Schritt verringert." Die Mitarbeiter stellten sich immer drängender die Frage, ob "die Führung der Behörde nicht von außen unter Druck gesetzt werde, bei bestimmten Fragen Kompromisse zu machen".

Belgien steht vor allem in den Niederlanden und Deutschland wegen des Umgangs mit seinen Meilern Doel bei Antwerpen und Tihange bei Lüttich in der Kritik. Immer wieder gingen einzelne Blöcke wegen Zwischenfällen vom Netz; zudem haben die Druckbehälter Tausende Risse. Die Bundesregierung hatte Belgien bereits gebeten, die Blöcke Tihange 2 und Doel 3 vorübergehend herunterzufahren; Belgien hat das abgelehnt. NRW und die Städteregion Aachen klagen gegen den Betrieb in Tihange.

Der Chef der Atomaufsicht, Jan Bens, bekommt nach Angaben des Berichts von den Mitarbeitern durchaus positive Noten: Er sei "warmherzig und zugänglich". Zahlreiche andere Quellen aus dem Unternehmen kritisieren jedoch, Bens sei durchsetzungsschwach.

Der belgische Grünen-Politiker Jean-Marc Nollet reagierte verärgert auf den Bericht: "Das Dokument bestätigt schwarz auf weiß, was wir immer wieder angeprangert haben." Die Atomaufsicht sei anfällig für Einflussnahme der Regierung und der Betreiberfirma.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort