Düsseldorf Internationale Hilfe soll Ebola endlich stoppen

Düsseldorf · Tausende Menschen sterben, ganze Staaten brechen zusammen. Doch erst jetzt nimmt die Weltgemeinschaft die Seuchengefahr ernst.

Ebola - Von ersten Fällen zum Internationalen Gesundheitsnotfall
Infos

Ebola - Von ersten Fällen zum Internationalen Gesundheitsnotfall

Infos
Foto: Festa/ Shutterstock.com

Das Ebola-Virus breitet sich in Westafrika erschreckend schnell aus. Kranke können nicht mehr versorgt werden; in Liberia, wo ein Arzt auf 100 000 Einwohner kommt, ist die staatliche Ordnung zusammengebrochen. Und 950 000 Menschen sind allein in Kenema und Kailahun, den beiden Epizentren der Seuche in Sierra Leone, regelrecht eingesperrt, weil Militär und Polizei diese Städte abgeriegelt haben. Unterdessen befürchten Mediziner, dass das Virus mutiert, sich künftig ähnlich wie die Grippe über die Luft verbreiten kann und über kurz oder lang auch Europa erreicht - ein Seuchenzug, der mittlerweile die ganze Welt bedroht.

Ebola löst innere Blutungen, hohes Fieber, Durchfall und Erbrechen aus; neun von zehn Erkrankten sterben. Die Dimension der Gefahr hat nun auch die Weltgemeinschaft alarmiert - endlich rollt breite Hilfe an. Die EU stellt 144 Millionen Euro bereit, die direkt in die Krisenregionen fließen sollen, um die medizinische Hilfe zu verbessern und die Versorgung mit sauberem Trinkwasser und Lebensmitteln sicherzustellen. Australiens Premier Tony Abbott hat gestern umgerechnet weitere 4,9 Millionen Euro zugesagt.

Präsident Barack Obama beauftragte Africom, das Afrika-Kommando der US-Streitkräfte mit Sitz in Stuttgart, den Kampf gegen Ebola zu koordinieren: 3000 Soldaten werden nach Westafrika geschickt, in Liberia ist das Hauptquartier vorgesehen. Eine Luftbrücke wird Ärzte, Pfleger und Medikamente schneller in die Krisengebiete bringen. Die US-Einsatzkräfte, darunter Sanitäter, Logistiker und Pioniere, sollen in Zusammenarbeit mit lokalen Behörden 17 Kliniken mit je 100 Betten für Patienten in Liberia, Guinea und Sierra Leone aufbauen, 500 Pflegekräfte im Umgang mit Ebola schulen sowie Medikamente und Desinfektionsmittel an Hunderttausende Haushalte verteilen.

Auch die Aufklärung der Bevölkerung ist wichtig. "Selbst im Zentrum der Epidemie, in Kenema, nehmen die Leute die Gefahr noch immer nicht ernst. Das ist das Problem bei einer Analphabeten-Rate von über 60 Prozent und einem Feind, der so unsichtbar ist wie der Ebola-Erreger", berichtete der Leiter der SOS-Kinderdörfer in Sierra Leone, Emmanuel Woode, unserer Zeitung. "Überall in Kenema sehe ich, wie die Leute sich zur Begrüßung umarmen, sich die Hände schütteln oder sich zu sechst in ein Taxi quetschen. Versammlungen sind zwar verboten, aber die Märkte sind voll." Viele Hundert Kinder hätten inzwischen ihre Eltern durch Ebola verloren und bedürften besonderer Zuwendung.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel schaltete sich gestern ein: Deutschland werde schnell und umfangreich helfen, versicherte Merkel nach einem eindringlichen Hilferuf der liberianischen Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf. Details über die Art der Hilfen und einen Zeitplan nannte Merkel nicht.

Das Bundesentwicklungshilfeministerium hat die Mittel für den Kampf gegen die Krankheit von bislang einer auf nun zehn Millionen Euro aufgestockt. "Das Geld soll der Weltgesundheitsorganisation für Sofortmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden", sagte Minister Gerd Müller. Unter anderem gehe es um die Ausbildung und die Finanzierung weiteren medizinischen Personals.

Deutsche Hilfsorganisationen wie Humedica (Kaufbeuren), Isar (Duisburg) oder die Action Medeor (Tönisvorst) starten eigene Hilfseinsätze in den betroffenen Ländern und bauen unter anderem Isolierstationen auf.

Die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" forderte darüber hinaus den Einsatz des deutschen Katastrophenschutzes und der Bundeswehr. Die finanzielle Unterstützung von vor Ort ansässigen Organisationen reiche nicht aus. "Deutschland hat hier eine politische und humanitäre Verantwortung", hieß es in einem offenen Brief an Merkel.

Offenbar wird ein solcher Bundeswehreinsatz geprüft, wie der Sprecher von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), Jens Flosdorff, bestätigte. Dabei soll es um logistische Unterstützung der Helfer gehen. Aber auch der Einsatz eines Feldlazaretts mit dem medizinischen Standard eines deutschen Kreiskrankenhauses ist denkbar.

Unterdessen bekannten sich die Vereinten Nationen zu ihrer Führungsrolle im Kampf gegen die Infektionskrankheit. Die UN würden diesen "Test der internationalen Kooperation und Solidarität bestehen", sagte Generalsekretär Ban Ki Moon in New York. Heute werde dem Weltsicherheitsrat ein Aktionsplan vorgestellt. Die UN benötigen demnach eine Milliarde US-Dollar (rund 777 Millionen Euro).

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort