20 Jahre nach dem Mauerfall Interesse an Stasi-Akten gestiegen

Berlin (RPO). Vor zwanzig Jahren stürmten und besetzten DDR-Bürgerrechtler die Stasi-Zentrale in Berlin, um die Akten vor der Vernichtung zu retten. In Berlin ist am Freitag an dieses historische Ereignis erinnert worden. Das Interesse auf Akteneinsicht bei der Bundesbehörde für Stasi-Unterlagen (BStU) ist bis heute weiterhin groß.

 Bei der Stürmung der Stasi-Zentrale vor 20 Jahren liefen die Bürgerrechtler über ein zerstörtes Bild von Erich Honecker.

Bei der Stürmung der Stasi-Zentrale vor 20 Jahren liefen die Bürgerrechtler über ein zerstörtes Bild von Erich Honecker.

Foto: AP, AP

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) lobte in Berlin den Mut der DDR-Bürgerrechtler. Die Leiterin der Stasi-Unterlagenbehörde, Marianne Birthler, nannte die Erstürmung der Stasizentrale ein bedeutendes Ereignis der Wendezeit.

Neumann sagte, die Besetzung der Zentrale sei die Grundlage für die Entstehung der Stasi-Unterlagenbehörde gewesen, durch welche "Methoden und Wirkungsweisen des effektivsten Unterdrückungsinstruments" der SED-Diktatur sichtbar gemacht worden seien.

Das Bedürfnis nach Information und Aufklärung über die DDR-Vergangenheit sei aktueller denn je, sagte der Staatsminister. Dies zeige die weiterhin hohe Anzahl an Anträgen auf Akteneinsicht bei der Behörde. Im Jahr 2009 gingen bei der Bundesbehörde nach deren Angaben 102 658 Anträge von Bürgern auf Akteneinsicht ein. Im Vorjahr lag die Zahl bei 87 366. Das entspricht einer Steigerung von 17,5 Prozent. Seit 1991 gingen bei der Behörde insgesamt rund 2,66 Millionen Anträge ein.

Birthler sagte, der 15. Januar gehöre zweifellos zu den wichtigen Daten der DDR-Revolution. An diesem Tag sei besiegelt worden, dass die Staatssicherheit ihre politische Macht verloren habe. Die Theorie, dass möglicherweise "ganz jemand anderes die Strippen gezogen hat", halte ihre Behörde auch nach gründlicher Prüfung "für einen Mythos".

Ihr Vorgänger Joachim Gauck wertete die Besetzung der Berliner Stasizentrale in der Normannenstraße als Zeichen dafür, dass die friedliche Revolution von 1989 mit dem Mauerfall keineswegs beendet gewesen sei. Zwar habe die Staatssicherheit selbst an der Erstürmung mitgewirkt und "versucht, das aus ihrer Sicht Schlimmste zu verhindern - wie die ganze SED versucht hat, eine Renovierung des Systems zu veranstalten. Aber hinterher war die Stasi tatsächlich machtlos."

Der Vorsitzende der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Rainer Eppelmann, sagte: "Wir kamen in den Besitz unserer Akten und erlangten so unsere Lebensgeschichten und unsere Würde zurück". Darauf könnten die Ostdeutschen auch heute noch stolz sein.

Kritik an der Erinnerungsveranstaltung zum 20. Jahrestag äußerte der DDR-Bürgerrechtler Reinhard Schult. "Die Gedenkveranstaltungen zur Revolution von 1989, das haben wir auch schon im vergangenen Jahr gesehen, sind längst verstaatlicht worden", sagte er. "Dem Volk, den Bürgern, die sich damals auf die Straße wagten, bleibt nur die Publikumsrolle."

Am 15. Januar 1990 wurde laut BStU mit der Besetzung der Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in der Berliner Normannenstraße das Ende der Geheimpolizei in der DDR besiegelt. Zwischen 50 000 und 100 000 Demonstranten hätten die Auflösung des mittlerweile in Amt für Nationale Sicherheit umetikettierten MfS gefordert. Bei der Besetzung sicherten die Bürgerrechtler umfangreiche Aktenbestände.

(DDP)
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