"Auswirkungen auf spanisch-arabischen Beziehungen" Inselstreit: Arabische Liga unterstützt Marokko

Kairo (rpo). Marokko bekommt im Inselstreit mit Spanien Unterstützung von der Arabischen Liga. Generalsekretär Amre Mussa sprach am Mittwoch von "Auswirkungen auf die spanisch-arabischen Beziehungen", falls die spanische Regierung ihre Soldaten nicht von Perejil abziehe.

Mit der Einnahme der von Marokko besetzten Mittelmeer-Insel Perejil durch das spanische Militär hat sich die Krise zwischen beiden Ländern am Mittwoch gefährlich zugespitzt. In einer Blitzaktion landeten Eliteeinheiten auf dem Felseneiland und zwangen die sechs dort stationierten Soldaten zur Aufgabe. Die Regierung in Madrid bezeichnete die Intervention als Akt der legitimen Selbstverteidigung, nachdem die Sicherheit Spaniens durch eine Aggression Marokkos bedroht gewesen sei.

"Kriegsakt"

Die marokkanische Regierung hat die spanische Militäraktion auf der umstrittenen Felseninsel Perejil am Mittwochabend als "Kriegsakt" bezeichnet. Außenminister Mohammed Benaissa forderte die internationale Gemeinschaft auf, Druck auf Spanien auszuüben, damit das Land seine Soldaten wieder von dem Eiland vor der marokkanischen Küste abziehe. Die Landung der spanischen Truppen am Morgen sei eine Invasion und stehe im Widerspruch zum Völkerrecht.

Unterstützt von sechs Hubschraubern, zwei Fregatten und U-Booten stürmten 28 Elite-Soldaten von Armee und Marine im Morgengrauen das nur 150 000 Quadratmeter große, unbewohnte Eiland. Das Kommando hatte ein Admiral. Die marokkanischen Soldaten hätten sich sofort ergeben. "Kein einziger Schuss ist gefallen", sagte Verteidigungsminister Federico Trillo. "Die Operation war ein Erfolg, niemand wurde verletzt." Anschließend wurde die marokkanische Flagge entfernt und die spanische gehisst. Die gefangen genommenen Soldaten wurden Marokko übergeben. Die Insel werde vorerst besetzt bleiben, betonte Trillo.

Der Militäreinsatz genieße die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft und sei durch die Charta der Vereinten Nationen abgedeckt. Auch die EU und die NATO hatten den Abzug der marokkanischen Soldaten gefordert, die das unbewohnte Eiland sechs Tage zuvor besetzt hatten.

Rabat erklärte, Marokko habe sich inzwischen an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, die Arabische Liga und die Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) gewandt. Spanien habe mit der Einnahme der Insel internationales Recht verletzt, hieß es in einer Erklärung, die von der amtlichen Agentur MAP verbreitet wurde. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, forderte Spanien auf seine Soldaten von dem Eiland abzuziehen. Außerdem müsse Madrid sofort den Dialog mit Marokko aufnehmen. Dies forderte auch EU- Kommissionspräsident Romano Prodi.

Spanien bietet sofortige Verhandlungen an

Die spanische Außenministerin Ana Palacio bot Rabat sofortige Verhandlungen "unter fairen Voraussetzungen" an. Madrid sei weiter an freundschaftlichen und fruchtbaren Beziehungen interessiert. Spanien sei gezwungen gewesen, den Zustand vor der marokkanischen Besetzung wiederherzustellen. Die spanischen Soldaten würden sich zurückziehen, sobald es darüber eine Einigung mit dem Nachbarland gebe.

Ein letzter diplomatischer Vermittlungsversuch in einem Telefonat zwischen Palacio und ihrem marokkanischen Amtskollegen Benaissa war Stunden vor dem Einmarsch gescheitert. Daraufhin zog Madrid seinen Botschafter, Fernando Arias-Salgado, aus Rabat ab. Marokko hatte seinen Botschafter wegen anderer Streitigkeiten bereits vor neun Monaten zurückgerufen.

Unterdessen verstärkte Spanien den Schutz seiner an Marokko grenzenden Nordafrika-Exklaven Ceuta und Melilla. Auf marokkanischer Seite wurde der Personenverkehr eingeschränkt, Händler durften nicht auf spanisches Gebiet. Die Lage sei aber ruhig, hieß es. Der Flugverkehr über beiden Städten mit insgesamt 130 000 Einwohnern wurde eingeschränkt. Die spanischen Luftwaffen-Stützpunkte im ganzen Land waren in erhöhter Bereitschaft. Sechs Kriegsschiffe kreuzten vor der marokkanischen Küste.

Die Insel Perejil (Petersilie) liegt 200 Meter vor der Küste in marokkanischen Hoheitsgewässern. Sie war Spanien 1668 von Portugal zugesprochen worden. Rabat beharrt aber darauf, dass sie mit der Unabhängigkeit 1956 an das nordafrikanische Königreich zurückgefallen ist. Dort wird sie "Leila" genannt.

Völkerrechtlich unklar

Spanien hat zwar eingeräumt, dass die Souveränität über das Eiland völkerrechtlich unklar ist. Marokko habe mit der Einnahme aber ein stillschweigendes Abkommen aus den 60er Jahren verletzt, wonach keines der beiden Länder die Insel dauerhaft militärisch besetzen darf. Rabat hatte erklärt, auf dem Eiland solle ein ständiger Beobachtungsposten im Kampf gegen Terroristen und Menschenschmuggler in der Meerenge von Gibraltar eingerichtet werden.

Für die Militäraktion, die die Besetzung der unbewohnten Mittelmeerinsel Perejil durch marokkanische Soldaten am Mittwoch beendete, hatte Spanien ein Kontingent vor die nordafrikanische Küste beordert, das aus den folgenden Einheiten bestand:

- die Fregatten "Navarra" und "Numancia" mit je 208 Mann Besatzung, - das Landungsschiff "Castilla" mit drei Hubschraubern für einen einen möglichen Luftangriff. Besatzung: 184 Mann, - die Korvetten, "Cazadora" und "Infanta Elena" mit einer Besatzung von je 145 Mann, - zwei U-Boote vom Typ "Galerna" mit je 60 Mann Besatzung, - mehrere Patrouillenboote, - ein Patrouillenflugzeug, - ein Aufklärungsflugzeug, - rund sechs Transporthubschrauber mit einem Transportvermögen von 24 bzw. 44 Passagieren sowie Kampfhubschrauber.

Insgesamt wurden rund 1200 spanische Soldaten in dem Gebiet zusammengezogen.

(RPO Archiv)
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