Moskau In Moskau marschieren Truppen auf

Moskau · Die Proteste gegen das Ergebnis der Parlamentswahl in Russland halten an. In Moskau demonstrierten 5000 Kremlgegner. Sie riefen: "Russland ohne Putin!", "Schande!" und "Das Volk glaubt Putin nicht". Die Polizei nahm etwa 300 Demonstranten fest – ebenso viele wie bei Protesten am Montag. Unter den Festgenommenen sind der Chef der liberalen Jabloko-Partei, Sergej Mitrochin, der Ex-Premier Boris Nemzow und der Menschenrechtler Lew Ponamarew. Die Demonstranten wollten die zahlreichen Manipulationen und Fälschungen bei der Duma-Wahl am vergangenen Sonntag anprangern. Bei der nicht genehmigten Demonstration auf dem Moskauer Triumph-Platz kam es nicht nur zu Zusammenstößen mit Einsatztruppen der Polizei, sondern auch mit Aktivisten der Kremljugend Naschi ("Die Unsrigen").

Auf die Proteste am Montag hatte die russische Führung mit Härte reagiert. Gestern Morgen berichteten besorgte Internet-Blogger, auf allen Moskauer Ausfallstraßen seien Konvois mit Truppen des Innenministeriums Richtung Zentrum unterwegs. Spezialeinheiten wurden an allen strategisch bedeutenden Punkten zusammengezogen. Die mit schwerer Technik ausgerüstete Division "Felix Dserschinski" solle die Sicherheit der Bürger gewährleisten und sie vor Provokationen schützen, sagte der Sprecher der Bereitschaftstruppen, Oberst Wassili Pantschenkow. Die zusätzlichen Truppen sollen bis zum 10. Dezember in Moskau stationiert bleiben. An diesem Tag will die Wahlkommission das amtliche Endergebnis bekannt geben.

Die Situation sei alarmierend, sagte die Bürgerrechtlerin Ljudmila Alexejewa vom Moskauer Helsinki-Komitee. "Offenbar haben die Behörden panische Angst vor Straßenprotesten." Bei der Wahl am Sonntag hatte die Regierungspartei Geeintes Russland nach offiziellen Angaben 49,5 Prozent erhalten. OSZE-Wahlbeobachter sprachen aber von schweren Verstößen. Auch US-Außenministerin Hillary Clinton kritisierte den Ablauf der Wahl. Die Abstimmung sei "weder frei noch gerecht" verlaufen, sagte Clinton beim Treffen der OSZE-Außenminister im litauischen Vilnius. Sie rügte auch die Tatsache, dass kremlkritische Oppositionsparteien nicht zu den Wahlen zugelassen worden sein, die Angriffe gegen die Wahlbeobachter-Initiative Golos sowie die Cyber-Attacken auf kritische Internetseiten am Wahltag.

Auch zwei Tage nach der Wahl waren die Internetseiten des Echo Moskwy und der Zeitung "Gazeta.ru" stundenweise blockiert. In einem Statement von Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hieß es, die Berichte der Wahlbeobachter zeigten, "dass die Russische Föderation bei der vollständigen Erfüllung aller OSZE-Standards noch eine Wegstrecke zu gehen hat".

Internet Wie sich Wladimir Putin inszeniert unter www.rp-online.de/politik

(RP)
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