Brüssel In Luxemburg droht der Ära Juncker das Ende

Brüssel · Am Wahlabend noch wollte Luxemburgs Langzeit-Premier Jean-Claude Juncker von einem Putsch der Kleinen im Großherzogtum nichts wissen. Spekulationen um eine Dreier-Koalition ohne ihn als Ministerpräsident tat der Konservative als eine "drollige Interpretation des Wahlergebnisses" ab. Nun könnte das Undenkbare Wirklichkeit werden: Der 58-Jährige droht das Amt des Regierungschefs zu verlieren.

Denn obwohl seine christsoziale CSV beim vorgezogenen Urnengang am Sonntag mit Abstand stärkste Kraft wurde, dürfte sie in der Opposition landen. Das wäre eine historische Zäsur. Der Rebell, der den Aufstand im Zwergstaat anzetteln will, heißt Xavier Bettel (40). Der Rechtsanwalt ist seit 2011 Bürgermeister der Stadt Luxemburg und Chef der Liberalen DP, die von 15 auf 18,3 Prozent zulegte und damit als eigentlicher Wahlgewinner gilt.

Der vorgezogene Urnengang wurde nötig, weil die Sozialdemokraten wegen einer Geheimdienst-Affäre die große Koalition mit Juncker aufgekündigt hatten. Beide bisher regierenden Parteien fuhren am Sonntag Verluste ein – auch wenn sie vor den Liberalen landeten. Junckers CSV kam auf 23 Sitze, braucht also einen Koalitionspartner für eine Mehrheit im 60-köpfigen Luxemburger Parlament. Doch Liberale, Sozialdemokraten und Grüne haben sich nun geeinigt, über ein Dreier-Bündnis zu verhandeln.

Warum Bettel nicht Junior-Partner unter Juncker werden will, dürfte klar sein: Er möchte im Dreier-Bund selbst Premier werden. Bettel liegt in Umfragen in Sachen Glaubwürdigkeit und Sympathie deutlich vor Juncker. Nur in Sachen Kompetenz schätzen die Luxemburger den Altmeister höher ein als den Jungspund. Der bekennende Homosexuelle gibt sich gerne leger – und trägt statt eines Anzugs lieber Jeans und Hemd. Juncker selbst hat ihn jüngst als "eine der großen Hoffnungen der Luxemburger Politik" bezeichnet.

Allerdings muss Luxemburgs Staatschef Großherzog Henri dazu erst grünes Licht geben. Seine Entscheidung wird noch in dieser Woche erwartet. Unterdessen wurden bereits erste Sondierungsgespräche angesetzt. Liberale, Sozialdemokraten und Grüne müssen jetzt inhaltlich auf einen Nenner kommen, der für fünf Jahre Regierungszeit reicht. Denn die Mehrheit des Dreier-Bündnisses wäre mit 32 von 60 Sitzen denkbar knapp.

(RP)
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