Geförderte Weiterbildung von Arbeitslosen zu Erziehern In der Kita arbeiten statt Hartz IV

Berlin · Einzelne Bundesländer haben gute Erfahrungen mit der Umschulung von Arbeitslosen zu Fachkräften für Kinderbetreuung gemacht. Männer und Frauen mit Lebenserfahrung und eigenen Kindern sind in den Einrichtungen willkommen.

Basteln, spielen, singen, Hilfestellung geben, trösten und Nase putzen — der Job der Erzieherin gilt als Zukunftsberuf. "Die Zahl der arbeitslosen Erzieherinnen hat sich in den vergangenen drei Jahren halbiert. Das zeigt, dass es hier einen wachsenden Markt gibt", sagt das Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, Heinrich Alt.

Alt möchte möglichst vielen Frauen und Männern den Weg in den Job mit Kindern ebnen, in dem es angesichts des Betreuungs-Booms praktisch eine Arbeitsplatzgarantie gibt. Die Initiative, Arbeitslose für Mangelberufe zu gewinnen, läuft schon seit einigen Jahren — bislang mit mäßigem Erfolg. Zwischen 2008 und 2011 begannen 2056 Arbeitslose eine berufliche Weiterbildung für die Kinderbetreuung. Etwas weniger als die Hälfte von ihnen machte auch einen Abschluss. Diese Zahlen gehen aus einer Anfrage der Grünen-Fraktion an die Bundesregierung hervor, die unserer Zeitung vorliegen.

Die Ausbildung zur Erzieherin wird über Landesrecht geregelt. Dementsprechend unterschiedlich sind die Anforderungen in den einzelnen Ländern. Grundsätzlich müssen die Ausbildungswilligen wie auch Berufsanfänger, die von der Schule kommen, zunächst ein zweijähriges Vorpraktikum machen. Daran schließen sich zwei Jahre schulische Ausbildung und ein Anerkennungsjahr an. "In einigen Ländern kann das Vorpraktikum wegfallen, wenn man selbst vier Jahre in der Familie Kinder großgezogen hat", betont Alt.

In einer Reihe von Bundesländern können sich die Arbeitslosen allerdings nicht reibungslos für den Erzieher-Beruf qualifizieren. Denn im Anerkennungsjahr müssen die Länder die Ausbildung mitfinanzieren. Dies übernehmen nur acht von 16 Ländern. Nordrhein-Westfalen gehört zu den Ländern, in denen auch das Anerkennungsjahr gesichert ist.

Die Kräfte, die aus der Arbeitslosigkeit oder als Quereinsteiger kommen, sind in den Kitas sehr willkommen. "Die Leute werden außerordentlich gern genommen, weil sie Lebenserfahrung haben. Sie sind ein Gewinn für die Einrichtungen", sagt Brigitte Pothmer. Die Arbeitsmarktexpertin der Grünen-Bundestagsfraktion lobt beispielsweise das Land Hessen, wo die Ausbildung von Arbeitslosen zu Erziehern besonders gut funktioniert. Dort sei es sogar gelungen, über die Neu- und Quereinsteiger den Männeranteil in den Kitas auf 30 Prozent zu steigern. "Das ist ein doppelter Gewinn, da wir aus pädagogischen Gründen ja bestrebt sind, die Kinder nicht nur mit Frauen zu umgeben. Sie sollen in den Kitas auch männliche Vorbilder haben", sagt Pothmer.

Die Umschulung von Arbeitslosen zu Fachpersonal für Kinderbetreuung ist nicht unumstritten: Die Welle der Empörung war groß, als die Bundesagentur für Arbeit den Vorstoß unternahm, auch die entlassenen Schlecker-Frauen zu Erzieherinnen auszubilden. BA-Vorstand Alt kann die Haltung nicht nachvollziehen: "Wir haben nie gesagt, dass alle Schlecker-Verkäuferinnen nun Erzieherinnen werden sollen." Umgekehrt könne aber auch nicht gelten, dass eine Schlecker-Verkäuferin nicht Erzieherin werden kann. "Ich verwahre mich gegen die Einteilung, dass es Berufe für Dumme geben soll, und das sind Verkäuferinnen, und für Intelligente, die werden Erzieherinnen."

Auch mit der Offensive der Bundesagentur für Arbeit, 5000 weitere Langzeitarbeitslose umzuschulen, lässt sich der Mangel an Fachkräften für die Kinderbetreuung nicht beseitigen. Insgesamt fehlen zur Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz für Ein- und Zweijährige ab Sommer 2013 noch 14 000 Erzieherinnen und 16 000 Tagesmütter. Der Chef des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, setzt auf Mehrarbeit der schon ausgebildeten Fachkräfte: "Wir haben über 40 Prozent Erzieherinnen in Teilzeit. Es müssen Anreize geschaffen werden, dass ein Teil wenigstens vorübergehend auf ganze Stellen geht", fordert Landsberg.

Die Zahl der Tagesmütter können die Kommunen leichter erhöhen. Auch für sie sind die Regelungen der Länder unterschiedlich. In einigen Ländern werden die Tagesmütter von den Kommunen bezahlt, in anderen Ländern zahlen die Eltern ihren Beitrag direkt an die Tagesmütter. Üblicherweise muss eine Tagesmutter eine Ausbildung von 160 Stunden durchlaufen. Zudem muss sie über ausreichend Platz für die Kinder verfügen. Ob ihr Heim zur Betreuung von mehreren Kleinkindern ausreicht, überprüft in den meisten Kommunen regelmäßig das Jugendamt.

(qua)
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