Cleveland In den Fängen des Cleveland-Entführers

Cleveland · Über ihr zehnjähriges Martyrium haben zwei der Opfer ein Buch geschrieben - es heißt "Hope".

Amanda ist 16, und sie hat Träume. Sie möchte studieren, am liebsten Modedesign, aus ihr soll etwas werden. Deshalb kann sie ihren Job bei Burger King auch halbwegs ertragen - er macht ihr keinen Spaß, aber sie verdient Geld, von dem sie sich etwas leisten kann.

Einen Tag vor ihrem 17. Geburtstag läuft sie nach einer Schicht nach Hause. Sie telefoniert mit dem Handy, als neben ihr ein Kleinbus hält und der Fahrer anbietet, sie mitzunehmen. Amanda kennt den Mann flüchtig, deshalb zögert sie nicht einzusteigen. Doch zu Hause kommt sie niemals an. Ihren 17. Geburtstag verbringt sie im Haus ihres Entführers. Ein Jahrzehnt hält er sie gefangen - ebenso wie Michelle Knight und Gina DeJesus. Ariel Castro hatte die Frauen zwischen 2002 und 2004 in seine Gewalt gebracht.

Knapp zwei Jahre nachdem sie aus der Gefangenschaft entkommen sind, erzählen Berry (29) und DeJesus (25) in "Hope. Gefangen und missbraucht: Wie wir zehn Jahre in den Fängen des Cleveland-Entführers überlebten" (MVG-Verlag, 416 S., 19,99 Euro), das heute in Deutschland erscheint, von ihrem Martyrium. Sie haben das Buch mit zwei Journalisten der "Washington Post" geschrieben. Sehr genau berichten sie von den Geschehnissen zwischen dem 21. April 2003, Amandas Entführung, bis zur Festnahme ihres Peinigers im Mai 2013 und dem Prozess. Auf Servietten und Papiertüten notierte Berry ihre Gedanken; es war ihr Tagebuch. "In unserer Geschichte geht es darum, das alles zu überwinden", sagen die Autorinnen. Andererseits wollen sie aufklären, ihre Version darlegen. Das ist starker Tobak, denn sie beschreiben auch, wie sich ihr Entführer an ihnen verging.

Die Frauen waren am 6. Mai 2013 aus dem "Horrorhaus" in Cleveland freigekommen. Trotz der erlittenen Qualen sprechen sie auch von hoffnungsvollen Momenten: vom Anblick der Eltern im Fernsehen, die nach ihren Töchtern suchen, und von der Geburt von Berrys Tochter Jocelyn. Castro erhängte sich im September 2013 in der Haft. "Wir haben überlebt, wir sind frei, wir lieben das Leben, wir waren stärker." Und vielleicht wird Amanda ihre Träume doch noch wahrmachen.

(RP)
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