Idomeni/Rabat Sturm auf Mazedoniens Grenze

Idomeni/Rabat · Auf der Balkanroute spitzt sich die Lage zu. Zehntausende Flüchtlinge sitzen in Griechenland fest. Die Bundeskanzlerin kritisiert Grenzschließungen - und erntet dafür scharfe Kritik aus Wien.

Idomeni: Fotos vom Stum der Grenze durch Flüchtlinge
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Flüchtlinge stürmen Grenze in Idomeni

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Foto: ap, TS

Hunderte verzweifelte Migranten haben gewaltsam versucht, die Grenze nach Mazedonien zu überqueren. Die Menschenmenge stürmte den Grenzzaun und riss ihn teilweise ein. Eine dauerhafte Öffnung des Tores gelang ihr aber nicht. Die mazedonische Polizei setzte Tränengas gegen die aufgebrachte Menge ein, ebenso gegen eine Gruppe von Flüchtlingen, die aus Protest Bahngleise blockierten. Die Menschen zogen sich daraufhin teils in Panik auf griechisches Territorium zurück.

Im kleinen griechischen Grenzort Idomeni sind Schätzungen zufolge 8000 Menschen gestrandet, die an der Einreise nach Mazedonien gehindert werden - etwa 25.000 sollen es in ganz Griechenland sein. Der mazedonische Präsident Djordje Ivanov verteidigte das Vorgehen seines Landes. "Wir haben unsere eigenen Entscheidungen getroffen. In Zeiten der Krise muss jedes Land seine eigenen Lösungen finden", sagte er "Spiegel Online". Wenn er auf EU-Vorgaben gewartet hätte, "wäre Mazedonien mit Flüchtlingen überschwemmt worden". Die Länder an der Balkanroute - Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien - hatten sich unter Führung Österreichs darauf verständigt, täglich nur noch bis zu 580 Migranten nach Norden durchzulassen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte derartige Alleingänge in der ARD als einen Grund für die Zuspitzung gewertet: "Wenn der eine seine Grenze definiert, muss der andere leiden. Das ist nicht mein Europa." Österreich verwahrte sich deutlich dagegen. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil sagte, Merkel habe betont, in Deutschland gebe es formal keine Obergrenze: "Dann würde ich sie einladen, dass sie diese Menschen, die in Griechenland ankommen, direkt nach Deutschland holt." Österreich wolle nicht "Wartezone mitten in Europa werden".

Deutschland stellte Griechenland Hilfen in Aussicht. Man werde Athen nicht im Stich lassen, sagte Merkel. Alle Euro-Staaten hätten nicht so hart für den Verbleib Griechenlands im Euro-Raum gekämpft, um nun das Land ins Chaos zu stürzen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, beim EU-Gipfel am 7. März müsse mit den Griechen beraten werden, wie viel Unterstützung sie bräuchten.

Auch in Frankreich gingen die Behörden gegen Flüchtlinge vor. Ein großer Teil des provisorischen Lagers bei Calais am Ärmelkanal wurde geräumt. Begleitet von einem großen Polizeiaufgebot rissen Bauarbeiter Behelfsunterkünfte der Migranten ab, die von dort nach Großbritannien gelangen wollten. Die Beamten setzten auch hier Tränengas ein, nachdem sie mit Steinen beworfen worden waren.

Im Bemühen, ausreisepflichtige Asylbewerber leichter abschieben zu können, ist die Bundesregierung unterdessen einen Schritt weitergekommen. Marokko und Algerien wollen künftig Staatsbürger wieder aufnehmen, die sich in Deutschland als Syrer ausgegeben und keine Bleibeperspektive haben. Das vereinbarte Innenminister Thomas de Maizière mit den Regierungschefs und Innenministern von Marokko und Algerien. Eine ähnliche Regelung will er heute in Tunis erreichen.

Die Abschiebungen sollen sich zunächst auf Menschen konzentrieren, die 2015 nach Deutschland kamen - das wären allein rund 10.000 Marokkaner. Die Anerkennungsquote für Asylbewerber von dort lag bei nur 3,7 Prozent. Berlin will Marokko, Algerien und Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten erklären.

(RP)
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