Persönlich Miguel Díaz-Canel Ideologe statt Revolutionär

Nach fast 60 Jahren wird Kuba nicht mehr von einem Castro geführt. Miguel Díaz-Canel könnte sein Land für die Demokratie öffnen. Dafür benötigt er Mut und Kraft.

Nach fast 60 Jahren wird Kuba nicht mehr von einem Castro geführt. Miguel Díaz-Canel könnte sein Land für die Demokratie öffnen. Dafür benötigt er aber Mut.

Als Miguel Díaz-Canel am 20. April 1960 in Kuba geboren wurde, war Fidel Castro schon seit mehr als einem Jahr der starke Mann auf Kuba. Als Díaz-Canel fünf Jahre alt war, verließ der legendäre Revolutionär Che Guevara nach Differenzen mit Castro die Insel. Die historischen Tage der wohl berühmtesten Revolution des 20. Jahrhunderts kennt Kubas neue politische Nummer eins nur vom Hörensagen.

Nun ist Díaz-Canel der erste Kubaner, der nach 59 Jahren die Familiendynastie Castro beerben soll. Raul Castro, der nach dem Rückzug seines Bruders Fidel Castro vor zehn Jahren zur Nummer eins aufrückte, hat in dieser Woche sein Amt abgegeben und der nachfolgenden Generation Platz gemacht.

Der Wechsel an der Spitze des kommunistischen Staats ist gleich aus vielerlei Perspektive ein Risiko. Díaz-Canel umweht eben nicht der mystische Wind der Geschichte, den Raul und Fidel Castro bis ins letzte Detail zelebrierten. Kein Mann der ersten Stunde, des glorreichen Sieges über Diktator Fulgencio Batista im Jahr 1959. Stattdessen steht in der Vita des militärisch ausgebildeten Karriere-Politikers der Kampf gegen innerparteiliche Gegner. Er soll vor 16 Jahren gegen den abtrünnigen Außenminister Roberto Robaina ausgesagt haben. Raul Castro würdigte Díaz-Canel als "standhaften Ideologen".

Genau das könnte sein Problem werden, denn Revolutionäre werden von den eigenen Anhängern geliebt, Ideologen jedoch gefürchtet. Fast alles in der kubanischen Politik hängt irgendwie mit dem Verhältnis zur USA zusammen. Von Díaz-Canel gibt es ein Zitat, wie er die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten sieht. Die Regierung der USA sei in Kuba einmarschiert, habe das Embargo verhängt und restriktive Maßnahmen erlassen. Kuba habe all das nicht getan. Wenn die USA eine Normalisierung anstrebe, müsste sie also diese Asymmetrie beseitigen.

Barack Obama hat während seiner US-Präsidentschaft versucht, einen Schritt auf Kuba zuzugehen. Er lockerte die Wirtschaftssanktionen, liberalisierte Reisebeschränkungen. Nach US-Logik müsste Kuba nun seinerseits einen Schritt auf die Amerikaner zugehen. Doch für die kubanische Opposition hat sich nichts geändert. Sie bleibt weiterhin von jedweder politischen Teilhabe ausgeschlossen. "Der Nachfolger Raul Castros kann als der Mann in die Geschichte eingehen, der das System für eine wahrhaftige Demokratie öffnet", sagt José Daniel Ferrer, eine der wichtigsten Figuren der nach wie vor verbotenen kubanischen Opposition. Die Frage sei allerdings, ob er den Mut und die Kraft dazu hat.

Tobias Käufer

(RP)
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