Berlin Hunger – Millionen warten auf Hilfe

Berlin · Trotz großer Anstrengungen der internationalen Staatengemeinschaft und einer enormen Spendenbereitschaft sind immer noch 3,5 Millionen Menschen in Ostafrika ohne jede Hilfe und vom Hungertod bedroht. Die Hilfslieferungen erreichen inzwischen acht Millionen Menschen. Besonders dramatisch ist die Lage in dem vom Bürgerkrieg zerrütteten Somalia, wo nach Angaben der UN allein zwei Millionen Menschen von der Hilfe abgeschnitten sind.

"Das Rote Kreuz hat bereits im Februar vor einer Hungersnot gewarnt. Aber der Appell hat wenig Beachtung gefunden", sagte der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, Rudolf Seiters, unserer Zeitung.

Die deutschen Bürger zeigen sich großzügig. Rund 91 Millionen Euro sind bei den großen Hilfsorganisationen von Privatpersonen und Unternehmen eingegangen, teilte das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen mit. Seiters rief dennoch zu weiteren Spenden auf: "Die Hilfe kann gar nicht umfassend und groß genug sein." Allein das Flüchtlingslager Dadaab an der Grenze von Kenia und Somalia, das für 90 000 Menschen errichtet worden sei, sei mittlerweile mit fast 400 000 Menschen komplett überfüllt. "Ähnlich ist die Situation in den umliegenden Ländern. Wir benötigen dringend noch mehr Spenden", betonte Seiters.

Der DRK-Präsident mahnte auch mehr langfristige Hilfe an. "Das Beispiel Ostafrika zeigt erneut, dass Katastrophen-Vorsorge mindestens so wichtig ist wie die Nothilfe bei einer Katastrophe." Ein Euro für die Katastrophen-Vorsorge ersetze fünf Euro für die Nothilfe. Die Menschen in den Dürregebieten bräuchten bessere Bewässerungssysteme, Saatgut, das resistent gegen Trockenheit sei, und eine bessere lokale Infrastruktur.

Unterdessen ist ein heftiger Streit um die Hilfe für Ostafrika zwischen der Hilfsorganisation Oxfam und dem Entwicklungshilfeministerium ausgebrochen. Die Hilfsorganisation hatte Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) Rechentricks bei der Hilfe für Ostafrika vorgeworfen. Nach Angaben des Ministers engagiert sich die deutsche Regierung in der akuten Notlage mit rund 100 Millionen Euro. Oxfam hingegen behauptet, Deutschland habe nur 20 bis 30 Millionen Euro tatsächlich an Hilfe geleistet.

Das Entwicklungshilfeministerium reagierte empört und warf Oxfam vor, die Organisation betreibe "Vereinswerbung auf dem Rücken von Hungernden". In einem Schreiben von Staatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz an Oxfam, das unserer Zeitung vorliegt, heißt es: "Statt aber nun die Versäumnisse früherer Regierungen hinsichtlich der Vernachlässigung und Kürzung bei ländlicher Entwicklung zu beklagen, kritisieren Sie ausgerechnet denjenigen, der neue strukturelle Voraussetzungen für die bessere Vermeidung solcher schlimmen Situationen schaffen will." Der Staatssekretär fügte hinzu: "Sie tun das wider besseres Wissen und gegen die langjährigen Forderungen gerade auch von Oxfam – Sie sollten sich dafür schämen."

Entwicklungshilfeminister Niebel will am Samstag in das Hungergebiet reisen, um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort