Berlin Seehofer kämpft um seine Autorität

Berlin · Noch ist es die Attacke eines Einzelnen, aber der CSU-Chef hat viele Feinde.

Horst Seehofer kämpft um seine Autorität
Foto: dpa, kjh fdt

Eine heftige Attacke seines Vorgängers Erwin Huber hat CSU-Chef Horst Seehofer in Bedrängnis gebracht. Dieser forderte in einem "Spiegel"-Interview unter anderem, die CSU müsse zu Geradlinigkeit und Verlässlichkeit zurückkehren. Er verlangte auch "Teamgeist" und "nicht Diktat von oben".

Seehofer versuchte die Attacke damit abzutun, dass Huber ihn nie gewollt habe. Das ist wohl richtig. Allerdings zielte der frühere Parteivorsitzende scharf auf die Punkte, die in der CSU bisher hinter vorgehaltener Hand gegen Seehofer vorgebracht werden. Huber spielte auf das Schicksal einst einflussreicher CSU-Politiker an, bei denen Seehofer tiefe Wunden hinterlassen hat. Vor allem seine als inakzeptabel empfundene Art, einstige Mitkämpfer eiskalt abzuservieren, könnte sich nach der Einschätzung in Führungskreisen für ihn noch einmal rächen - und ihm die Regie seines eigenen Abgangs aus der Hand reißen.

Als riskant gilt auch Seehofers Vorgehen, den Kreis möglicher Nachfolger immer mehr zu erweitern und die Ambitionen jedes einzelnen Kandidaten damit zu missachten. Auf diese Weise könnten potenzielle Nachfolger der ständigen Ungewissheit ein Ende bereiten wollen und sich ohne Seehofer auf einen Zeitplan und eine Personalentscheidung verständigen.

Seehofer scheint nach dem massiven Wählerschwund bei der Europawahl (minus 7,6 Prozentpunkte auf 40,5 Prozent) ähnlich angeschlagen wie Edmund Stoiber Anfang 2007. Damals bekam er wie Seehofer jetzt einhellige Treueschwüre sowohl vom Parteivorstand als auch von der Landesgruppe. Doch wenige Tage später wandelte sich die Gefolgschaft der CSUAbgeordneten in Gegnerschaft - und mit Stoiber war es vorbei. Dabei hatte dieser sich längst nicht so viele persönlich Enttäuschte zugelegt wie heute Seehofer.

Erste Versuche einer Abrechnung etwa des geschassten Ex-Finanzstaatssekretärs Hartmut Koschyk verliefen bislang im Sande. Doch die Putschneigung ist damit nicht vorüber, nur vertagt. "Auf den richtigen Moment kommt es an", ist aus dem Kreis der Seehofer-Kritiker zu hören.

(may-, qua)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort