Räumliche Abgeschiedenheit als Begründung Homo-Ehe: Kritik an Bayerns Sonderweg

Berlin (rpo). Wegen ihres Sonderweges bei der Homosexuellen-Ehe ist die bayerische Staatsregierung unter massive Kritik geraten. Sie sieht sich von verschiedenen Seiten dem Vorwurf der Diskriminierung ausgesetzt.

Landesjustizminister Manfred Weiß (CSU) kündigte am Samstag an, in Bayern müssten homosexuelle Paare den Bund fürs Leben vor einem Notar schließen und könnten dies nicht wie Mann und Frau am Standesamt tun. Nach dem bayerischen Zeitplan könnten Homosexuelle zudem nicht wie bundesweit vorgesehen ab 1. August ihre Partnerschaft eintragen lassen. Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) und der Grünen-Rechtsexperte Volker Beck griffen die Staatsregierung heftig an.

Nach dem von Weiß in Ingolstadt bei einer Parteiveranstaltung skizzierten Zeitplan wäre es Homosexuellen in Bayern frühestens im Herbst dieses Jahres möglich, eine Lebenspartnerschaft eintragen zu lassen. Alle anderen Bundesländer haben angekündigt, gemäß dem Bundesgesetz bis 1. August die rechtlichen Voraussetzungen für die „Homo-Ehe“ zu schaffen. Däubler-Gmelin sagte dem "Münchner Merkur": "Deutschland ist ein Rechtsstaat, das gilt auch für die CSU." Das Verhalten Bayerns "ist nicht nur schlechter Stil, das verstößt gegen den Geist unserer Bundesstaatlichkeit".

Beck warf der bayerischen Staatsregierung "schikanöse Absichten" vor. "Es ist offensichtlich, dass es einen tief greifenden kulturellen Widerwillen bei Herrn Stoiber gibt, Homosexuelle anzuerkennen", sagte der rechtspolitische Sprecher der Grünen- Bundestagsfraktion in einem dpa-Gespräch. Dies wundere ihn beim bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Edmund Stoiber aber auch nicht weiter. Schließlich habe Stoiber schon 1991 als bayerischer Innenminister in der Diskussion um eine Gleichstellung von Homosexuellen bei Steuern und Erbschaft gesagt: "Dann kann ich gleich über Teufelsanbetung diskutieren."

Die Absicht der bayerischen Staatsregierung, Homosexuelle den Bund fürs Leben nur bei Notaren schließen zu lassen, sei "eine absurde Konstruktion", sagte Beck. Den Paaren entstünden dabei wesentlich höhere Kosten. "Das straft alle Aussagen Lügen, dass Homosexuelle nicht diskriminiert werden sollen." Zudem sei dieses Konstrukt rechtlich unzulässig, da das Bundesgesetz den Ländern nur überlasse, eine Behörde für die Eintragung der Lebenspartnerschaft zu bestimmen. "Der Notar ist in Bayern aber keine Behörde."

Zu der Ankündigung Bayerns, das Gesetz nicht schon zum 1. August umzusetzen, sagte Beck, auch dies sei rechtswidrig. Im Fall einer Verzögerung werde es zu Schadensersatzklagen kommen. Justizminister Weiß sagte, er sehe Klagen gelassen entgegen.

Der Gesetzentwurf, der auch die Notar-Regelung vorsieht, soll bereits an diesem Dienstag (24. Juli) im Kabinett in München beraten werden. Weiß sagte, er gehe davon aus, dass dem Landtag am Ende der parlamentarischen Sommerpause ein beratungsfähiger Gesetzentwurf vorliege. Möglicherweise im Oktober oder November solle dann die Zweite Lesung im Parlament sein. Bayern und Sachsen waren am Mittwoch vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit seinem Eilantrag gegen die so genannte Homosexuellen-Ehe gescheitert.

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) sagte der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag), das Notariat sei gegenüber dem Standesamt die bessere Alternative, weil dort Homosexuelle eingehend über das Erbrecht oder ihren Güterstand beraten würden. Als weiteres Motiv für den Gang zum Notar nannte er die räumliche Abgeschiedenheit von Notariaten. "Es ist beim Notar möglich, die Sache vertraulich zu gestalten, ohne großes Tamtam, das sicher auch viele Paare gar nicht wollen."

(RPO Archiv)
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