Hitziges TV-Duell

Eine Stunde lang haben Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen live im Fernsehen diskutiert. Zu sehen war ein angriffslustiger Herausforderer. Wichtigstes Thema: die Finanzen.

Köln/Düsseldorf Knapp zwei Wochen vor der Landtagswahl sind Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und ihr Herausforderer, Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), im einzigen direkten Fernsehduell aufeinandergetroffen. In Köln stritten sie eine Stunde lang vor allem über Finanzen, Soziales, Energie und Bildung.

Das Duell begann mit scharfem Streit über die Kinderbetreuung. Röttgen warf Kraft vor, sie habe einer "bevormundenden Pflicht" für Kinder das Wort geredet, eine Kindertagesstätte zu besuchen. Erziehung sei aber Elternrecht. In dieser Frage gebe es einen "fundamentalen gesellschaftspolitischen Unterschied" zwischen CDU und SPD. Kraft erwiderte, eine Kita-Pflicht sei "Unsinn", und verwies auf den Ausbau der Betreuungsplätze im Land.

Röttgen verteidigte die Entscheidung seiner Partei, die Abschaffung der Gebühren für das dritte Kindergartenjahr und die Abschaffung der Studiengebühren nicht rückgängig zu machen. Er kündigte an, es werde keinen Wechsel "auf Kosten des Vertrauens" geben.

Einen Großteil des Duells bestimmte die Debatte über die Finanzpolitik. Röttgen kritisierte, die rot-grüne Landesregierung habe nur ein Fünftel ihrer Steuer-Mehreinnahmen in den Schuldenabbau gesteckt: "Diese Verschuldungspolitik muss beendet werden." Rot-Grün habe "keinen Sparwillen" und wolle keine Schuldenbremse in der Landesverfassung. Zu den Sparvorschlägen des "Effizienzteams" der Landesregierung sagte er: "Das Ergebnis ist null." Kraft erwiderte, ihre Regierung habe "verantwortungsvolle Politik mit Blick auf die Zukunft" betrieben. Aus vorbeugenden Investitionen ergäben sich neue Chancen für Einsparungen. Es müsse aber klar sein, dass nicht auf Kosten der Kommunen gespart werde. Röttgen warf Kraft darauf eine "Verschuldungsphilosophie" vor: Schulden seien "die unsozialste Politik, die es gibt".

Röttgen kündigte an, er werde als Ministerpräsident das Steuerabkommen mit der Schweiz unterzeichnen, das dem Land durch Besteuerung von deutschen Vermögen in der Schweiz sofort zwei Milliarden Euro einbringen werde. Kraft kritisierte das Abkommen, weil es zu viele Schlupflöcher lasse, und zweifelte Röttgens Erwartungen an: "Machen Sie eine redliche Politik und setzen Sie nicht auf Einnahmen, die in dieser Größenordnung niemals kommen."

Die Ministerpräsidentin wehrte sich auch gegen Röttgens Vorwurf, NRW habe die Wende hin zu erneuerbaren Energien "verschlafen", und verwies auf Versäumnisse der schwarz-gelben Vorgängerregierung. Kohlekraftwerke werde es aber auch weiter geben müssen.

Der Münsteraner Politikwissenschaftler Klaus Schubert sagte unserer Zeitung, Röttgen habe versucht "anzugreifen, ohne wehzutun". Er sei der Eloquentere gewesen, während Kraft zurückhaltender agiert, damit aber auch eher "Solidität" verkörpert habe. Schubert: "Große inhaltliche Unterschiede sind nicht deutlich geworden. Daher könnten die lachenden Dritten am Ende die Piraten sein."

SPD und Grüne wollen nach knapp zwei Jahren Minderheitsregierung am 13. Mai eine eigene Regierungsmehrheit erzielen. Umfragen sagen einen knappen Ausgang der Wahl voraus. Dem TV-Duell folgt morgen in Mönchengladbach eine Diskussionsrunde aller sechs Spitzenkandidaten. Teilnehmen werden außer Kraft und Röttgen für die Grünen Sylvia Löhrmann, für die FDP Christian Lindner, für die Linke Katharina Schwabedissen und für die Piraten Joachim Paul.

(RP)
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