Heute ist der Schicksalstag für den Euro

Berlin Im Vorfeld des EU-Gipfels in Brüssel haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy gestern im Berliner Kanzleramt bis in den späten Abend nach einem Plan gesucht, um die sich gefährlich zuspitzende Euro-Krise beizulegen. Zuvor hatte Merkel bereits mit Obama über die Situation gesprochen. Für heute ist zudem ein Treffen der Kanzlerin mit Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou angesetzt.

Merkel beharrte auf einer Beteiligung der Banken und Versicherungen. Dies bleibe für Deutschland "eminent wichtig", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Frankreich dagegen teilt die Bedenken der Europäischen Zentralbank (EZB). Die appellierte gestern erneut an die Politiker, von einer Gläubigerbeteiligung unbedingt abzusehen. Sie würde bedeuten, dass für Griechenland sofort der Zahlungsausfall festgestellt würde, sagte EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark. Dies führe zum Zusammenbruch des griechischen Bankensystems, da die EZB den Banken dann kein Geld mehr leihen dürfte.

Die EZB plädiert dafür, den Rettungsschirm EFSF zu ermächtigen, griechische Anleihen mit einem Abschlag von bis zu 50 Prozent aufzukaufen. Die EFSF-Regeln lassen dies bisher nicht zu. Die Regierungsfraktionen im Bundestag lehnen diese Lösung ab, weil das Risiko der Staatspleite Athens damit endgültig dem Steuerzahler aufgebürdet würde. Ob es zu dem von Experten geforderten Schuldenerlass kommt, blieb daher bis zuletzt offen. Als Alternative ist ein neues, 120 Milliarden Euro schweres Kreditpaket verbunden mit einer Laufzeitverlängerung für griechische Anleihen in der Diskussion. Frankreich hat zudem eine Bankensteuer vorgeschlagen, die bis zu 30 Milliarden Euro für Investitionen in Griechenland einbringen soll. "Niemand darf sich Illusionen machen – die Lage ist sehr ernst. Das erfordert eine Antwort", mahnte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.

Die Euro-Krise könnte die deutschen Steuerzahler nach neuen Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung bis 2015 schlimmstenfalls 70,8 Milliarden Euro kosten. Dabei haben die Forscher das diskutierte neue 120-Milliarden-Paket für Griechenland bereits einkalkuliert.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort