Essen/Düsseldorf Justiz sucht Achenbachs Millionen

Essen/Düsseldorf · Das Essener Landgericht hat den Düsseldorfer Kunstberater zu sechs Jahren Haft wegen Betrugs und Untreue in 18 Fällen verurteilt. Er bleibt hinter Gittern, weil die Kammer weiter Fluchtgefahr sieht.

Deutschlands bekanntester Kunstberater, Helge Achenbach, muss für sechs Jahre ins Gefängnis. Das entschied das Essener Landgericht. Gleichzeitig ist der Verbleib der 20,9 Millionen Euro, um die Achenbach den verstorbenen Aldi-Erben Berthold Albrecht und den Pharma-Unternehmer Christian Boehringer betrogen hat, "bis zu einem gewissen Grad unaufgeklärt" geblieben, sagte gestern der Vorsitzende Richter der Großen Strafkammer in Essen.

Das liege, so der Richter, sicher auch daran, dass der Insolvenzverwalter die komplizierten Finanzen der nach Achenbachs Verhaftung zusammengebrochenen Firmengruppe noch nicht entwirren konnte. Doch in der Urteilsbegründung schwang mit, dass die Justiz es für möglich hält, dass Achenbach auf Teile dieses Geldes noch Zugriff haben könnte. Wegen fortbestehender Fluchtgefahr lehnte das Gericht gestern die von der Verteidigung beantragte Haftverschonung ab.

Die Anwälte hatten den Antrag mit Rücksicht auf Achenbachs angegriffenen Gesundheitszustand gestellt. Der 62-Jährige soll an einem inoperablen Aneurysma am Herzen leiden. Für diese Entscheidung habe er kein Verständnis, sagte Verteidiger Thomas Elsner. Auf Achenbachs Vermögen hielten die Gläubiger die Hand, seine wirtschaftlichen Perspektiven gingen selbst im Ausland "gegen null".

Mit gesenktem Kopf war Achenbach der einstündigen Urteilsbegründung gefolgt. Er wirkte nicht überrascht über das Strafmaß, das ein Jahr unter dem von der Anklage geforderten blieb. Anwalt Elsner rechnet aber damit, dass sein Mandant Revision gegen das Urteil beantragen wird.

Achenbach hatte zu Prozessbeginn zehn Betrugsfälle bei Kunstgeschäften mit Berthold Albrecht gestanden. Beim Verkauf von neun Oldtimern sei dagegen alles korrekt gelaufen, hatte er ausgesagt und sich auf mündliche Verabredungen mit Albrecht berufen, von denen dessen Frau nichts habe wissen dürfen. Das Gericht glaubte ihm nicht. Denn Ähnliches hatte Achenbach über seine Anwälte auch zu den Kunstkäufen erklären lassen, seit er im Juni verhaftet worden war. Zu Prozessbeginn hatte er dann diese Taten unter Tränen eingeräumt.

Mit ungewöhnlicher Schärfe kritisierte der Vorsitzende Richter im Urteil die Behauptung der Verteidigung, den Opfern des Betrugs sei kein Schaden entstanden. Die Wertsteigerung, die Gemälde und Oldtimer am Markt erfahren hätten, könne schon rein mathematisch nicht den Verlust ausgleichen, der durch verdeckte Preisaufschläge entstanden sei. Jegliche Versuche, den Schaden angesichts des großen Vermögens der Betrogenen zu relativieren, wies der Vorsitzende zurück: "Auch Superreiche sind kein Freiwild."

Schaden habe Achenbach aber nicht nur bei denen verursacht, die er betrogen habe, sondern für die gesamte Branche, deren Image gelitten habe. Der Richter erinnerte in diesem Zusammenhang auch an die Angestellten, die ihre Arbeitsplätze verloren hätten, und an den früheren Geschäftspartner und mitangeklagten Stefan Horsthemke. Den hatte die Kammer gestern wegen seiner Beteiligung an zwei Betrugsfällen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, aber "hierher gebracht hat ihn erst Herr Achenbach". Der promovierte Kunsthistoriker Horsthemke hatte jegliche Beteiligung an den betrügerischen Geschäften bestritten. Auch seine Anwälte erwägen eine Revision gegen das Urteil.

(RP)
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