London Hauspersonal in Großbritannien wehrt sich

London · Viele Frauen arbeiten unter menschenunwürdigen Verhältnissen. Nun machen sie ihr Leiden öffentlich.

Mira (Name geändert) saß eines Morgens weinend vor dem Büro von Kalayaan, einer Organisation in London, die sich für ausländische Hausangestellte einsetzt. Bei sich hatte die Frau nur eine kleine Tasche: In den frühen Morgenstunden war sie aus dem Haus ihres Arbeitgebers geflohen. 16 Stunden am Tag musste die Philippinin arbeiten, hatte kein eigenes Zimmer, schlief bei den Kindern der Familie. Essen durfte sie nur die Reste, die die Familie übrig ließ. Selbst kochen durfte sie nicht. Als die Familie noch im Mittleren Osten lebte, zahlte sie ihr immerhin 125 Euro im Monat. Doch nach drei Monaten in Großbritannien hatte Mira noch keinen Penny Lohn gesehen. Die Arbeitgeber-Familie hatte Miras Pass eingezogen, um sie an der Flucht zu hindern. Bei einer günstigen Gelegenheit schnappte sie sich ihren Pass und lief weg.

"Es ist nicht übertrieben, von sklavenähnlichen Verhältnissen zu sprechen", sagt Kate Roberts, die Geschichten wie diese fast täglich hört. Vor allem Diplomaten, aber auch andere Ausländer bringen Hausangestellte mit nach Großbritannien — rund 15.000, vorwiegend Frauen, kommen jährlich mit einem Hausangestellten-Visum auf die Insel. Dieses Hauspersonal lebt viel zu oft unter menschenunwürdigen Verhältnissen. Viele bekommen keinen Lohn, dürfen kaum schlafen, werden misshandelt und ausgenutzt, berichtet die Mitarbeiterin von Kalayaan.

Wer kündigt, verliert seinen Aufenthaltsstatus

Seit die britische Regierung 2012 die Visabestimmungen für ausländische Hausangestellte geändert hat, ist die Zahl der Fälle angestiegen, in denen sich misshandelte Frauen an Kalayaan wenden. Denn nun ist es den Hausangestellten nicht mehr erlaubt, den Arbeitgeber zu wechseln, selbst dann nicht, wenn sie misshandelt werden. Die Arbeitgeber haben es so leichter, die Angestellten unter Druck zu setzen. "Die Frauen arbeiten ja nicht nur dort, sie leben mit der Familie", sagt Roberts. Wenn sie ihren Arbeitgeber verlassen, verlieren sie nicht nur Arbeit und Wohnung, sondern eben auch ihren Aufenthaltsstatus.

Genau dagegen regt sich Widerstand. Mitte Juni haben Hausangestellte, Gewerkschaften und Hilfsorganisationen an der Downing Street demonstriert und eine Petition überreicht, die ein Ende der Arbeitgeberbindung für die Frauen fordert. "Viele kommen aus sehr armen Verhältnissen und brauchen das Geld dringend, um ihre Familien daheim zu ernähren," sagt Kate Roberts. "Früher haben wir in Fällen von Misshandlungen die Polizei gerufen und versucht, für die Frauen eine neue Arbeitsstelle zu finden", sagt sie. Aber das ginge nicht mehr, denn sobald die Frauen weglaufen, ist ihr Visum ungültig. "Nur in Fällen von Menschenhandel können wir etwas für die Frauen tun, denn dann greifen Opferschutzgesetze." Dabei sei die Rückkehr ins Heimatland oft gar keine Option. "Die Frauen kommen dann also in ihr Land zurück und sind schlechter dran als vorher."

(epd)
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