Persönlich Hans Magnus Enzensberger . . . will weiter bar zahlen

Hans Magnus Enzensberger ist ein vom Leben gehärteter Mensch. Der 85-Jährige weiß um die Gefahren und die Versuchungen im Leben. Er weiß auch um die Tücken, die das Individuum in seiner Entfaltung und Entwicklung zu einem verantwortungsvollen Bürger bedrohen. Der freie Mensch bleibt sein Mantra, das er immer wieder wortgewaltig beschwört. Nun sieht der Dichter, Schriftsteller, Übersetzer und Herausgeber durch die Digitalisierung unseres täglichen Lebens Gefahren für das Leitbild eines freien Menschen heraufziehen. Der Grund: die lauter werdenden Rufe nach Abschaffung des Bargeldes.

"Wer das Bargeld abschafft, schafft die Freiheit ab", sagte Enzensberger der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Sein zugespitztes Plädoyer für das Bargeld ist die Antwort auf eine Anzahl von Finanzexperten und Politiker im In- und Ausland, die genau dies fordern. Natürlich weiß auch Enzensberger, dass sich an der Zapfsäule bequem mit Karte und damit bargeldlos zahlen lässt. Und Politiker, die eine bargeldlose Zeit heraufbeschwören, wissen auch, dass nicht jedes Bier am Stammtisch bargeldlos bezahlt werden sollte - oder vielleicht doch?

Enzensberger fürchtet, wer nur noch vom Staat verordnet bargeldlos zahlt, könnte von den Regierenden am Ende total kontrolliert werden. Über die Geldbewegung ließe sich nachvollziehen, "was die Leute so treiben. Das wäre totalitär".

Politiker entwickeln ihre eigene Logik. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans will das Bezahlen mit Bargeld in der Höhe beschränken. So ließen sich Schwarzgeldgeschäfte, Steuerhinterziehung und Geldwäsche besser bekämpfen. Die Schattenwirtschaft müsse sich fürchten, nicht der Bürger. Doch was ist mit dem gläsernen Menschen? Ist das das Leitbild der Zukunft, weil die Mächtigen dem Bürger verantwortungsvolles Handeln kaum noch zutrauen? Das wäre wirklich schlimm.

(RP)
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