Berlin Guttenbergs schwerster Kampf

Berlin · Die Plagiatsvorwürfe gegen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) könnten den populären Politiker nicht nur seinen Doktortitel, sondern auch seine Glaubwürdigkeit kosten. Der Minister will sich heute erklären. In der Koalition ist die Aufregung groß.

Es ist Guttenbergs Markenzeichen, sein Stammkapital, sein Ticket für das Fernziel Kanzleramt: die Glaubwürdigkeit. Das Volk schätzt Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) vor allem, weil es ihn für geradlinig und anständig hält. Die schweren Plagiatsvorwürfe, die Rechtsprofessoren gegen Guttenberg wegen seiner 2006 fertiggestellten Dissertation erheben, treffen den CSU-Star daher ins Mark. Und sie könnten seine Karriere gefährden wie keine andere Affäre zuvor.

"Allein die Debatte ist eine schwere Hypothek", sagt ein Mitglied der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Ein derartiger Vertrauensverlust lasse sich auch mit ein paar schneidigen Sätzen nicht reparieren, kommentiert ein Bundesminister die Situation: "Ich weiß nicht, wie er da rauskommen will."

Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer, der selbst ernannte "Erfinder" des Politiker-Phänomens Guttenberg, äußert sich nicht. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Regierung sind selten still.

Die Vorwürfe sind schwerwiegend. In mindestens 15 Passagen der an der Universität Bayreuth verfassten Doktorarbeit soll Guttenberg teilweise wörtlich von Aufsätzen und Zeitungsartikeln abgeschrieben haben. Aufgeführt werden von den Kritikern unter anderem Textpassagen eines seiner Amtsvorgänger, des CDU-Politikers und Staatsrechtlers Rupert Scholz, sowie des CDU-Europaabgeordneten Andreas Schwab und von der Internetseite der US-Botschaft abgeschrieben haben.

Dabei ist gerade die Einleitung so etwas wie die persönliche Erklärung, die Visitenkarte des Doktoranden. Sie gibt Auskunft über Motiv und Zielsetzung der Arbeit. Sollten schon die ersten Zeilen der mit Bestnote ("summa cum laude") bewerteten Arbeit geklaut sein?

Im Internet haben sich Hunderte Nutzer darangemacht, weitere Textpassagen in der Arbeit zu finden, die bereits veröffentlicht wurden. Der Spott über den "Copy-and-Paste-Minister" ist groß. "Alle wollen ihn angehen, weil er so beliebt ist", mutmaßt Guttenbergs CSU-Parteifreund Norbert Geis.

Das politische Berlin fragt sich, wie Guttenberg aus seiner bisher schwierigsten Affäre herauskommen kann. "Wenn er den Doktortitel verliert, verliert er sein Ansehen", sagt ein Regierungsmitglied. In der Diskussion um den von deutschen Soldaten 2009 befohlenen tödlichen Luftschlag in Kundus hatte Guttenberg seinen Generalinspekteur und einen Staatssekretär entlassen. Die Vorfälle auf dem Segelschulschiff der Bundeswehr, "Gorch Fock", führten zur Suspendierung des Kapitäns. Beides verursachte keinen Popularitätsverlust Guttenbergs. Dies könnte nun anders sein.

(RP)
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