Berlin Guttenberg nach Neuengland

Berlin · Der ehemalige Verteidigungsminister hat sich für seine "Auszeit" von der deutschen Politik ein Haus an der amerikanischen Ostküste gekauft. Er will dem Vernehmen nach erst einmal ein Buch schreiben und Vorträge halten. Die USA empfindet er seit Langem als zweite Heimat.

Es war in Washington. Karl-Theodor zu Guttenberg war als neuer Verteidigungsminister erstmals in den USA. Und was war sein erster Satz vor dem geneigten amerikanischen Publikum? "It's great to be back." Er fand es also im Herbst 2009 bereits großartig, "zurück" zu sein. Dazu passt seine jüngste Entscheidung, zusammen mit seiner Familie diesen Sommer noch in die USA zu gehen. Er ist "zurück", und angesichts der Ende September zum Schuljahresbeginn zu erwartenden Farbenpracht im "Indian Summer" seiner neuen Heimat Connecticut dürfte sein Gefühl einmal mehr "great", "großartig", sein.

Enge Vertraute ahnten, dass er sich für die USA als zumindest vorübergehende neue Heimat entschieden hatte, aber eine ordentliche Bestätigung blieb er ihnen lange schuldig. "Ich habe da noch was in den USA zu erledigen", lautete eine Mitteilung an einen Freund. Das ARD-Studio in Washington bekam nun mit, was der Baron aus Bayern da an der amerikanischen Ostküste "zu erledigen" hatte: den Kauf eines Hauses.

Und über die amerikanischen Kanäle kam auch heraus, womit sich der CSU-Politiker nach dem Verlust des Doktortitels, nach dem Rücktritt als Minister, nach dem Abtritt als Abgeordneter und nach dem schmachvollen Aberkennungsverfahren in Bayreuth in den USA beschäftigen will: ein Buch schreiben und Vorträge halten.

Offiziell hält sich der Freiherr weiter zurück. Weder sein Bürgerbüro noch Parteistellen waren gestern bereit, die Meldungen aus den USA zu bestätigen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller, wollte gegenüber unserer Zeitung auch nur ausweichend Stellung nehmen: "Anstatt über mögliche Aufenthaltsorte zu spekulieren, sollte man Karl-Theodor zu Guttenberg jetzt Zeit und Ruhe gönnen, um sich neu zu orientieren."

Dennoch gab es inoffiziell aus mehreren Quellen den klaren Hinweis, dass "KT", wie Guttenberg von Freunden genannt wird, nun erst einmal in die USA gehen werde. Nachdem es vor Monaten bereits zu Spekulationen über ein "sabbatical", also eine Auszeit vom Beruf, in den USA oder in Großbritannien gekommen war, hatte Ehefrau Stephanie noch dementiert. Es sei nichts entschieden, es lägen "eine Reihe von interessanten Optionen auf dem Tisch", die sich das Ehepaar nun anschaue.

Gegen einen Wechsel ins ferne Amerika hatten die freifraulichen Pläne gesprochen. Stephanie zu Guttenberg hielt an ihrer Präsidentschaft des Vereins "Innocence in Danger" fest, der Kindesmissbrauch bekämpft, und kündigte an, sich weiter zu engagieren. So will sie diesen Herbst das Buch "Die Märchen-Apotheke" herausgeben, eine Art "Märchenschatzkiste".

Aber von Connecticut nach Berlin sind es mit einer guten Flugverbindung auch nicht viel mehr Reisestunden als mit einer schlechten Zugverbindung von Kulmbach aus. Dort hatte die mit ihrem prominentesten Mitbewohner sympathisierende Bevölkerung in der letzten Zeit immer mal wieder einen entspannt wirkenden Guttenberg begrüßen können. Etwa wenn er mit Frau und Töchtern durchs Städtchen schlenderte und auf ein Eis in einem Café einkehrte.

Im Juni hatte er sich nach seinem Rückzug in Berlin erstmals wieder öffentlich gezeigt: mit seiner Frau besuchte Guttenberg Pfingsten ein Bon-Jovi-Konzert im ausverkauften Münchner Olympiastadion. Weil er anschließend mit einer Limousine mit Blaulicht auf dem Dach entschwand, entzündete sich eine Debatte darüber, warum der Ex-Minister nach Monaten immer noch Sonderrechte habe. Die Polizei begründete die Bodyguards beim Rockkonzert mit einer "Nachschutzphase".

Diese Phase wird voraussichtlich mit dem Umzug in die USA enden. Dann ist Guttenberg vor allem Privatmann. Spätestens zum Start des neuen Schuljahres will er mit seiner Frau und den inzwischen neun- und zehnjährigen Töchtern Mathilda und Anna heimisch geworden sein. Aber eben doch nicht als ganz normaler Privatmensch. In seiner Umgebung in Connecticut wohnen viele Leistungsträger des Finanzsystems, sind auch immer viele Politiker anzutreffen. Und zu Weltbankpräsident Robert Zoellick sagt Guttenberg ohnehin "mein Freund Bob". CSU-Chef Horst Seehofer unterstrich gerade erst, dass "zu gegebener Zeit" Guttenberg auch in der deutschen Politik wieder "eingebunden" werde. Seine Fans hatten es ohnehin immer gewusst: Ein Guttenberg tritt nicht zurück, ein Guttenberg nimmt nur Anlauf.

In diesem Fall von Neuengland bis Berlin, über 6208 Kilometer.

(RP)
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