Berlin Günter Krings führt CDU-Landesgruppe an

Berlin · Die nordrhein-westfälische CDU in Berlin wählte den Rheydter gestern Abend zum neuen Landesgruppenchef.

Kampfkandidaturen sind im Berliner Politikbetrieb eher unbeliebt. Mindestens einer geht nach der Wahl als beschädigt vom Feld oder es wird ihm zumindest nachgesagt, er sei nun beschädigt. Dieses Risiko nahmen Günter Krings und Ralf Brauksiepe für die Wahl des neuen CDU-Landesgruppenchefs der Nordrhein-Westfalen im Bundestag bewusst in Kauf.

Krings konnte sich mit 35 zu 22 Stimmen (eine Enthaltung) deutlich durchsetzen. Das Amt war frei geworden, nachdem der langjährige Landesgruppenchef Peter Hintze an den Folgen seiner Krebserkrankung im November verstorben war.

Beide Kontrahenten hatten gute Startchancen. Beide sind Staatssekretäre, Brauksiepe im Verteidigungsministerium, Krings im Innenministerium. Brauksiepe stammt aus dem Ruhrgebiet und ist 49 Jahre alt, der 47-jährige Krings ist Rheinländer. Der eine Wirtschaftswissenschaftler, der andere Jurist.

Brauksiepe führte die Landesgruppe bereits kommissarisch, als sein Vorgänger Peter Hintze wegen schwerer Krankheit ausfiel. Brauksiepe gilt in der Landesgruppe als nicht beliebt. Ihm werden Eitelkeit und Überheblichkeit nachgesagt. Es gibt aber auch viele Abgeordnete, die meinten, er habe seinen Job als Hintze-Vertreter gut gemacht. Zudem ist er Landeschef der CDA in Nordrhein-Westfalen und hat damit den mächtigen Arbeitnehmerflügel hinter sich. Umso schwieriger ist diese Niederlage für ihn.

Krings gründet seinen Erfolg auf eine Absprache dreier einflussreicher CDU-Politiker aus Nordrhein-Westfalen. Ihr gemeinsames Ziel: den kommissarischen Landesgruppenchef Brauksiepe verhindern. So hatten sich kurz vor Weihnachten der Ahauser FinanzStaatssekretär Jens Spahn und der Finanzexperte und Vize-Fraktionschef im Bundestag, Ralph Brinkhaus, mit Krings getroffen, um Ambitionen abzuklären.

Ergebnis: Der prominenteste Kandidat, Jens Spahn, wäre nur schwer als Chef der NRW-Landesgruppe durchsetzbar gewesen. Zwar hat Spahn einflussreiche Unterstützer aus der Mittelstandsvereinigung um dessen Vorsitzenden Carsten Linnemann. Doch haben ihm seine (erfolgreiche) Kampfkandidatur für das CDU-Präsidium im Herbst 2014 und seine öffentliche Kritik an der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin neue innerparteiliche Gegner eingebracht. Spahn ist in den Medien omnipräsent, der britische "Guardian" brachte ihn bereits als künftigen Bundeskanzler ins Spiel. So etwas schafft mehr Neider als Bewunderung in den eigenen Reihen. Auch gilt sein Verhältnis zum NRW-Landeschef Armin Laschet als kritisch und belastet. In der Flüchtlingspolitik stehen sich beide konträr gegenüber, und Spahn gilt als mögliche Alternative zu Laschet, sollte dieser die Landtagswahl verlieren.

Eine Wahl Spahns zum Landesgruppenchef hätte als Signal gegen Laschet gedeutet werden können. Im NRW-Wahlkampf wäre das eine Schwächung des Spitzenkandidaten gewesen. Nach Spahns Auftritt beim Bundesparteitag in Essen, wo er gegen die Kanzlerin die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft durchsetzte, wäre seine Wahl auch ein Signal gegen die Kanzlerin gewesen.

Spahn gab also in dem Gespräch seinen Verzicht auf die Kandidatur bekannt. Krings und Brinkhaus erklärten, dass sie den Vorsitz gerne übernehmen würden, einigten sich in einem späteren Treffen aber darauf, dass es Krings machen soll. Ralph Brinkhaus wird als Finanzexperte hoch geschätzt, selbst Wolfgang Schäuble sagt dem 48-jährigen Chef des CDU-Bezirksverbands Ostwestfalen-Lippe eine große Zukunft voraus. Doch ist Brinkhaus bereits Vize-Fraktionschef und damit Repräsentant der gesamten Fraktion. Günter Krings ist zwar einflussreicher Bezirkschef des Verbands Niederrhein und als fleißiger und integrer Arbeiter in den Kulissen der Berliner Republik angesehen, aber in der Öffentlichkeit noch eher unbekannt. Krings gilt zwar nicht als enger Freund des NRW-CDU-Chefs Laschet, aber ein Signal gegen den NRW-Vorsitzenden ist dessen Wahl auch nicht.

Für Merkel und den Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder ist die Wahl Krings' zum einflussreichen Landesgruppenchef durchaus schwierig. Krings ist in der Flüchtlingspolitik eher bei Wolfgang Bosbach als bei Angela Merkel. Und das Verhältnis zu Kauder gilt als angespannt, seitdem der Merkel-Vertraute an der Spitze der Unionsfraktion den Gladbacher mehrfach bei Posten überging. Das Ad-hoc-Bündnis Spahn, Brinkhaus und Krings, hinter denen viele Unterstützer aus den Bezirksverbänden Ostwestfalen-Lippe, Münsterland und Niederrhein stehen, ist nun zu einem neuen Machtfaktor in der NRW-CDU avanciert.

(qua)
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