Die Ampel im Bund nach der Wahl in Bremen Abkühlung im grünen Kosmos

Während sich bei den Grünen mit herben Verlusten bei der Bremen-Wahl der Negativtrend fortsetzt, zeigt die SPD, dass sie nach der Niederlage im Land Berlin wieder gewinnen kann. Wahlsieger Andreas Bovenschulte erhöht den Druck auf die Grünen und will nun auch mit der CDU über eine Koalition sprechen

 Grünen-Chef Omid Nouripour räumt ein, dass es für die Bremer Landespartei keinen Rückwind aus dem Bund gegeben habe.

Grünen-Chef Omid Nouripour räumt ein, dass es für die Bremer Landespartei keinen Rückwind aus dem Bund gegeben habe.

Foto: dpa/Kay Nietfeld/DPA

Und nun? Lange Gesichter bei den Grünen. Die Wahlniederlage fordert am Tag danach ihr erstes Opfer. In Bremen, wo die Enttäuschung über ein Wahlergebnis mit einem dicken Minus tief sitzt, kündigt Spitzenkandidatin Maike Schaefer an, dass sie raus ist. Nach nur wenigen Stunden Schlaf erklärt die bisherige Umweltsenatorin Schaefer, sie werde einer nächsten Landesregierung nicht mehr angehören, immer vorausgesetzt, die Grünen wären daran noch beteiligt. Schaefer hat als einen Grund für den Absturz der Bremer Grünen um mehr als fünf Prozentpunkte auch den „Trend im Bund“ ausgemacht. Co-Vorsitzender Omid Nouripour darf sich angesprochen fühlen, tut das aber nur bedingt. „Wir müssen uns natürlich anschauen, was wir besser machen müssen, das ist überhaupt keine Frage.“ Nouripour spricht davon, dass man „Prozesse optimieren“ müsse. Die Parteispitze führe nun „Gespräche mit dem gesamten grünen Kosmos“. Allerdings räumt Nouripour für die Bundespartei ein: „Es ist nicht so, dass wir Rückenwind gegeben hätten.“

Das umstrittene Heizungsgesetz wie auch die Trauzeugen-Affäre um Staatssekretär Patrick Graichen im Grün-geführten Bundeswirtschaftsministerium dürften den Unmut vieler Bürgerinnen und Bürger über die Grünen zuletzt befeuert haben. Dass die Energiewende auch konkret Geld kostet, bekommen die Menschen im Land zu spüren – und die Grünen den Ärger eines Teils der Bevölkerung über diese Teuerung. Co-Parteichefin Ricarda Lang sagt am Morgen nach der Bremen-Klatsche, die Grünen müssten Klimaschutz nun stärker mit dem Aspekt der sozialen Sicherheit verbinden. Die Menschen stellten Fragen: „Wie kann ich das bezahlen? Wo betrifft es mich selbst und wie werde ich dabei unterstützt?“ Auch Nouripour betont, es notwendig, die Ängste der Menschen ernst zu nehmen vor dem Wandel. Verabredet sei in der Ampel, dass das Heizungsgesetz noch vor der Sommerpause im Bundestag verabschiedet werde. Klar, es werde daran Änderung geben. Welche? Abwarten. Nouripour warnt vor dem Trugschluss, das Gebäudeenergiegesetz würde für die Grünen gemacht. „Es wird für das Land gemacht.“

Drei Kilometer von der Grünen-Parteizentrale entfernt freut sich SPD-Wahlsieger Andreas Bovenschulte im Willy-Brandt-Haus über seinen Erfolg vom Vorabend: „Das Ergebnis fühlt sich hervorragend an.“ Er sei noch „ganz beseelt, aber jetzt fängt die Arbeit wieder an, so ist das nun mal“. Co-Parteichef Lars Klingbeil versichert: „Ich kann Ihnen sagen: Die Stimmung ist gut.“ Klingbeil sieht denn auch darüber hinweg, dass die Genossinnen und Genossen in Bremen das zweitschlechteste Ergebnis der Parteigeschichte an der Weser eingefahren haben. Ein Thema im Wahlkampf sei die Wärmewende gewesen. Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit müssten zusammengebracht werden. Klingbeil betont, dass die SPD das Gesetz noch besser machen wolle, eine Spitze gegen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Die Förderung soll nach Einkommen gestaffelt werden.

Bovenschulte könnte mit seiner bisherigen rot-rot-grünen Koalition weitermachen, verweist aber nochmals darauf, mit allen Parteien zu reden, auch mit der CDU. Er betont am Montag erneut, dass er ohne Koalitionsaussage in diesen Wahlkampf gegangen sei. Ein Fingerzeig in Richtung CDU? Jedenfalls erhöht der SPD-Bürgermeister damit den Druck auf die Grünen. Der Bremer CDU-Spitzenkandidat Frank Imhoff bietet dem SPD-Wahlsieger Gespräche über die Bildung einer großen Koalition an. Bovenschulte dazu: „Entscheidend ist: Wo sind die größten inhaltlichen Übereinstimmungen?“ CDU-Chef Friedrich Merz appelliert gleichfalls an die SPD: Redet mit uns! Grünen-Chef Nouripour mahnt derweil, Markenzeichen einer GroKo sei, „dass sie nicht entscheidet“.

Auch die FDP, die mit 5,2 Prozent wieder in die Bremer Bürgerschaft einzieht, will Konsequenzen aus dem Wahlergebnis ziehen. FDP-Vize Wolfgang Kubicki betont, seine Partei müsse in der Ampel-Koalition „deutlich wahrnehmbarer“ werden. Parteichef Christian Lindner wiederum betont, er sehe aktuell aber keine Auswirkungen auf den Bund durch den Wahlausgang in Bremen. Lindner sagt, er wolle den Grünen keine Ratschläge gebe, aber die FDP wolle Wahlfreiheit auch bei der Mobilität.

Grünen-Spitzenkandidatin Maike Schaefer kündigt Rückzug an
Foto: grafik

Im Karl-Liebknecht-Haus freut sich die Linken-Spitze am Tag nach der Bremen-Wahl über einen ersehnten Wahlerfolg. Nach einer Serie von Niederlagen im Bund und den Ländern hat die Linke ihr Ergebnis von 2019 mit gut elf Prozent behauptet und wahrt damit ihre Chance auf ihre derzeit einzige Beteiligung in einer Landesregierung im Westen. Co-Parteichefin Janine Wissler betont, der Wahlausgang in Bremen zeige, dass die Linke erfolgreich sein könne, „wenn wir Inhalte nach vorne stellen“. Vor allem: Die Linke müsse zeigen, „wir beschäftigen uns nicht mit uns selbst, sondern mit den Sorgen und Nöte der Menschen“. Linke-Spitzenkandidatin Kristina Vogt sagt: „Wir wollen Menschen nicht Angst machen, wie wir es gerade beim Heizungsgesetz erleben.“ Die Energie- und Wärmewende müsse sozial gestaltet werden. Doch die SPD in Bremen werde nun zwei Optionen sondieren. GroKo oder weiter mit Rot-Rot-Grün.

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