Fahrverbote und Bußgelder Grüne blockieren Kompromiss für neuen Bußgeldkatalog

Berlin · In einer Woche könnte der Bundesrat neue Vorschriften für die noch ausstehende Novelle der Straßenverkehrsordnung beschließen. Autofahrer wünschen sich nach monatelangem Ringen Rechtssicherheit. Doch die Fronten sind verhärtet.

 Ein Auto fährt auf der Bundesstraße B6 vorbei an einem Streckenradar (Archiv).

Ein Auto fährt auf der Bundesstraße B6 vorbei an einem Streckenradar (Archiv).

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Seit Monaten warten Autofahrer auf eine Novelle der Straßenverkehrsordnung zur Neuregelung von Fahrverboten und Bußgeldern für Temposünder. Jetzt läuft alles auf die Frage hinaus, wie kompromissfähig die Grünen in den Landesregierungen sind, um in der kommenden Woche im Bundesrat eine Lösung zu finden. Nach Informationen unserer Redaktion aus Kreisen der Verkehrsministerien könnte ein Kompromiss aus noch höheren Bußgeldern oder einer Ausweitung der strengen Fahrverbotszonen etwa auf Straßen vor Pflegeheimen kommen.

Hintergrund ist, dass wegen eines Formfehlers in einer eigentlich bereits beschlossenen Novelle des Bundesverkehrsministeriums die Neuregelungen ausgesetzt wurden und derzeit der alte Bußgeldkatalog gilt. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will die Überarbeitung nun dafür nutzen, strenge Fahrverbotsregelungen zu entschärfen, die in der Novelle verankert waren. Die Grünen pochen auf eine Korrektur des Formfehlers, wollen die scharfen Sanktionen in der Neufassung aber bislang beibehalten.

Am Mittwoch hatten die Verkehrsminister der Länder in einer Telefonschalte mit dem Bundesverkehrsministerium keinen Kompromiss finden können, obwohl Vorschläge mehrerer Länder auf dem Tisch liegen, denen auch Scheuer zustimmen würde. So hatten NRW, Niedersachsen und das Saarland als Vorsitzland der Verkehrsministerkonferenz ein Papier vorgelegt, wonach Temposünder ein Fahrverbot erhalten, wenn sie innerorts vor Schulen und Kitas mehr als 21 Stundenkilometer zu schnell fahren oder außerorts in Autobahnbaustellen 26 Stundenkilometer schneller als erlaubt sind. Zudem ist ein Warnschuss vorgesehen: So droht bei diesen und noch höheren Geschwindigkeitsüberschreitungen auch in allen anderen Verkehrsbereichen zunächst ein höheres Bußgeld als bislang. Ein Fahrverbot kommt dann hinzu, wenn der Temposünder binnen eines Jahres erneut erwischt wird. Diese Stellschrauben könnte man noch anziehen, um eine Zustimmung der Grünen zu erreichen, hieß es. Demnach könnte die Frist für die Warnschussregelung auf bis zu drei Jahre ausgeweitet und die Bußgelder beispielsweise um weitere 20 Euro erhöht werden.

Konkret könnte das für Autofahrer, die innerorts zwischen 21 und 25 Stundenkilometer zu schnell sind, ein Bußgeld von 120 Euro bedeuten. Bislang sind im Kompromisspapier statt der aktuell geltenden 80 Euro künftig 100 Euro vorgesehen. Ab 26 bis 30 Stundenkilometer Geschwindigkeitsüberschreitung könnten 140 Euro fällig werden, in beiden Fällen mit Warnschussregelung.

Aus Verhandlungskreisen hieß es, Scheuer stehe hinter zusätzlichen Verschärfungen des vorgelegten Kompromisspapiers. Auch bei den grünen Verkehrsministern gebe es Verhandlungsspielraum. Die schärfsten Gegner des Mittelwegs seien die Grünen in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen. Sie pochen darauf, keine Neuregelung zu schaffen, die weniger Verkehrssicherheit bedeutet. In der Vergangenheit stieß aus diesem Grund die Warnschussregelung auf Kritik bei den Grünen. Sie fürchten, dass sich Temposünder dadurch nicht stark genug abgeschreckt fühlen könnten.

Sollten die Grünen ihren Widerstand nicht aufgeben, dürfte es in der kommenden Woche erneut keinen Beschluss des Bundesrates geben, weil die nötigen Mehrheiten ohne die Grünen nicht zustande kämen. Die Folge: Autofahrer müssten mindestens einen weiteren Monat auf eine Neuregelung der Straßenverkehrsordnung warten.

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