Übernächste Stufe der Steuerreform angedacht Grüne: Alle Sozialbeiträge steuerfrei stellen

Berlin (dpa). Bündnis 90/Die Grünen streben die Steuerfreiheit von Vorsorgeaufwendungen aller Sozialversicherungen und nicht nur der Alterssicherung an. Sämtliche Pflichtbeiträge sowie freiwillige Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung "müssen bis zur Beitragsbemessungsgrenze freigestellt werden", heißt es in den am Donnerstag bekannt gewordenen "Steuerpolitischen Rahmenbedingungen einer bündnisgrünen Rentenreform".

Die Verfasserinnen, die finanz- und die sozialpolitischen Sprecherinnen der Grünen-Bundestagsfraktion, Christine Scheel und Thea Dückert, verbinden dies mit der Ankündigung der übernächsten Steuerreform in einem erneuten Volumen von rund 45 Milliarden Mark.

Damit haben die Grünen als erste Berliner Bundespartei ein integriertes Steuerkonzept für die steuerliche Behandlung von Vorsorgeaufwendungen vorgelegt. Zunächst sollte mit der Steuerfreiheit der Vorsorgeaufwendungen begonnen werden, bevor eine weitergehende Besteuerung der Renten in Angriff genommen werde, betonten Dückert und Scheel.

Kurzfristige Maßnahmen

Das Papier befasst sich mit kurzfristigen Maßnahmen und einer stufenweisen Umstellung der Altersvorsorge auf eine nachgelagerte Rentenbesteuerung. Dies bedeutet weitgehende Steuerfreiheit der Beiträge und konsequente Besteuerung der daraus erwachsenden späteren Altersversorgung. "Da aber auch schon heute Renten der so genannten Ertragsbesteuerung unterliegen, sollte sich auch zukünftig für die Rentner und Rentnerinnen nichts ändern."

Zwangsweise eingezogene Beiträge zur Sozialversicherung schränkten die individuelle steuerliche Leistungsfähigkeit ein und müssten deshalb vollständig steuerfrei gestellt werden. "Die konsequente Umsetzung dieses tragenden Pfeilers unseres Steuersystems muss das Kernstück unserer nächsten umfassenden Steuerreform sein. Das damit verbundene steuerliche Entlastungsvolumen wird sich in einer ähnlichen Größenordnung wie die ab 2001 wirksame Steuerreform bewegen und wiederum alle steuerzahlenden Bürger und Bürgerinnen entlasten", versprechen die Grünen. Die jetzt noch unsichere Steuerreform sieht für 2001 ein Nettoentlastungsvolumen von 44,3 Milliarden Mark vor.

In einer Übergangsphase sollten private, betriebliche und gesetzliche Vorsorge steuerlich getrennt behandelt werden, fordern die Grünen-Vordenker. Der derzeitige Sonderausgabenabzug sei bereits ausgeschöpft, so dass für Arbeitnehmer kein ausreichender Anreiz bestehe, in die private Altersvorsorge einzuzahlen. Diese könne aber nur greifen, wenn sie getrennt von der steuerlichen Behandlung der gesetzlichen Rentenbeiträge stattfinde. In die Steuerbefreiung bis zur jeweiligen Bemessungsgrundlage müssten alle Spar- und Anlageformen einbezogen werden.

"Grundsätzlich ist jedes Sparen als Vorsorge für die Zukunft, auch für Zeiten der Arbeitslosigkeit oder für Krankehit oder Pflege zu betrachten. Insofern ist eine Altersgrenze, ab der das Gesparte sukzessive entnommen werden darf und versteuert werden muss, nicht sinnvoll und nicht notwendig." Entscheidend sollte die langfristige Bindung sein.

Die beste Lösung wäre deshalb ein "Altersvorsorgekonto", bei dem "auch das Ansparen und der Erwerb eines Pflegeplatzes sowie der Immobilienerwerb berücksichtigt werden". Der Betrag, bis zu dem private Vorsorgebeiträge steuerfrei geleistet werden, ist absolut und pro Steuerpflichtigem zu begrenzen. Bürger mit geringen Einkommen sollten, wie jetzt von der Regierung vorgesehen, durch Zuschüsse unterstützt werden. Die betriebliche Altersvorsorge solle "kein Sparmodell für Arbeitgeber" sein und deshalb nur unter Bedingungen gefördert werden: Der Arbeitnehmer erhalte vom ersten Tag an einen unverfallbaren Rechtsanspruch, den er beim Arbeitsplatzwechsel mitnehmen könne.

(RPO Archiv)
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