Großmacht ade

Es ist noch gar nicht ganz so lange her, da stellte Japan die wirtschaftliche Vormachtstellung der USA infrage. Das Wachstum des Inselstaats kannte scheinbar keine Grenzen, der Autobauer Toyota zog am US-Primus General Motors vorbei, das Grundstück des Kaiserpalasts in Tokio war so viel wert wie der gesamte Staat Kalifornien. Japan bescherte der Welt die Null-Fehler-Produktion und das Kanban-System des optimalen Fertigungsprozesses. Scharen von Managern pilgerten nach Japan.

Das Bild hatte in den vergangenen beiden Jahrzehnten starke Risse bekommen. Japans Wirtschaft wuchs nicht mehr, die Regierung häufte gigantische Schulden an. Im Land machte sich eine lähmende Sklerose breit. Und Toyota, Nippons Vorzeigekonzern, wurde von einer beispiellosen Pannenserie heimgesucht, die den Mythos der Null-Fehler-Produktion zerstörte. Auch der historische Machtwechsel von den Liberaldemokraten, der ewigen Regierungspartei, zur oppositionellen Demokratischen Partei änderte daran nicht allzu viel.

Wenigstens zeigten sich Andeutungen einer Erholung, und trotz aller Stagnation erfreuten sich die Inselbewohner eines beispiellosen wirtschaftlichen Wohlstands. In diese Hoffnung platzt nun das schlimmste Erdbeben in der Geschichte des Landes und verwüstet die Wirtschaft. Noch schlimmer: Die drohende Atomkatastrophe zerstört viel stärker als die Toyota-Pannen den Nimbus der unfehlbaren Technologie-Nation. Zum wirtschaftlichen Desaster kommt der psychologische Tiefschlag.

Das Schicksal der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt kann uns Deutschen nicht egal sein. Zu eng sind wir mit dem Land wirtschaftlich verwoben. Das zeigt nicht zuletzt die große Gemeinde der Japaner in Düsseldorf. Und täuschen wir uns nicht. Dank der guten Ausbildung der Bewohner, dank ihres Fleißes, Perfektionsdrangs und Wiederaufbauwillens wird das Land wieder auf die Beine kommen. Auch wenn das Zeit braucht. Wir sollten unserem Verbündeten und Freund Japan dabei helfen.

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(RP)
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