Griechenland: Banken sollen mitbezahlen

Brüssel/Berlin Private Gläubiger, vor allem Banken, sollen sich an der Rettung Griechenlands beteiligen: Allerdings dürfte ihr Beitrag wohl kleiner ausfallen als von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gefordert. Als möglich gilt nach einem Krisentreffen der Eurozonen-Finanzminister gestern in Brüssel, dass private Investoren aufgerufen werden, freiwillig neue griechische Anleihen mit den gleichen Bedingungen zu kaufen, falls alte auslaufen.

Ob so die von Berlin erhofften rund 30 Milliarden Euro zusammenkommen, ist fraglich. Schäuble will, dass Banken, Pensionsfonds und Versicherungen die Laufzeiten der Griechenland-Kredite um sieben Jahre verlängern und damit deutliche Abschläge hinnehmen. Auch die Niederlande wollen, dass mehr als 30 Prozent der erforderlichen Summe von Privaten übernommen werden. "Deutschland besteht darauf, dass die Beteiligung des Privatsektors substanziell und quantifizierbar ist", hieß es gestern von EU-Diplomaten. Kommende Woche sollen Eckpunkte eines zweiten Hilfspaketes für Athen beschlossen werden. Im Gespräch ist ein Umfang von 90 bis 120 Milliarden Euro.

EU-Kommission, Frankreich und die Notenbanken lehnen jeglichen Anschein von Verpflichtung ab. Der Grund: Die Ratingagenturen haben klargemacht, dass sie eine direkt oder indirekt erzwungene Mithaftung der Privaten als Kreditausfall bewerten würden. Mögliche Folge: Die griechischen Banken würden zusammenbrechen. Ansteckungseffekte auf andere Ländern drohen – mit unabsehbaren Folgen für den Euro und das Finanzsystem. "Jede Form der Verpflichtung wäre zu gefährlich", unterstrich der belgische Finanzminister Didier Reynders.

Auch Bundesbankchef Jens Weidmann warnte, bei einer erzwungenen Lösung seien "die Risiken wesentlich größer als die Chancen". Auch der designierte Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, bekräftigte seinen Widerstand gegen weiter gehende Umschuldungsszenarien.

Nach der deutlichen Herabstufung Griechenlands durch Standard & Poor's am Montag hat FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle die Ratingagenturen scharf kritisiert. "Das selbstbewusste Heben oder Senken des Daumens ist schon bemerkenswert", sagte Brüderle unserer Zeitung. "Über die Rolle der Ratingagenturen bei der Finanzmarktkrise muss man diskutieren", forderte der frühere Bundeswirtschaftsminister. Der Bewertungsmarkt werde von nur drei US-Ratingagenturen beherrscht. Sie hätten maßgeblichen Einfluss auf die Zukunft der Euro-Zone. "Die Etablierung einer Europäischen Ratingagentur wäre Schweiß und Hirnschmalz wert, denn ein europäischer Wettbewerber würde dieses enge Oligopol aufbrechen", sagte Brüderle.

(RP)
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