Athen/Berlin Griechen plündern ihre Konten

Athen/Berlin · Die Europäische Zentralbank muss erneut die Nothilfen für griechische Banken erhöhen. Die Bürger heben insgesamt bis zu eine Milliarde Euro täglich von ihren Konten ab. Den Griechen steht eine Schicksalswoche bevor.

Europas Geduld mit den Griechen ist zu Ende. Vor dem entscheidenden Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs am Montag in Brüssel baut sich eine Front zwischen den Geldgebern und den Griechen auf. Es gebe "keine Gnadenfrist", sagte die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde. Auch EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, der in den vergangenen Wochen als Brückenbauer zwischen den Griechen und dem Rest der Eurogruppe auftrat, riss der Geduldsfaden. Über den griechischen Ministerpräsidenten sagte er dem "Spiegel": "Ich habe Herrn Tsipras mehrfach gewarnt, er solle sich nicht darauf verlassen, dass ich ein Scheitern der Gespräche auf jeden Fall verhindern kann."

Griechenland ringt seit Anfang Mai um seine Liquidität. Das Land benötigt dringend Gelder aus dem zweiten Hilfsprogramm. Die sollen aber nur fließen, wenn sich die Griechen zu Reformen verpflichten. Die griechische Links-Rechts-Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras legte bislang aber kein Programm zur Sanierung der Staatsfinanzen vor, das die drei Geld gebenden Institutionen IWF, Europäische Zentralbank (EZB) und EU-Kommission überzeugen konnte.

Auch die Bürger Griechenlands glauben nicht mehr, dass ihre Regierung einen "Grexit", also einen Ausstieg des Landes aus dem Euro, noch abwenden kann. In den vergangenen Tagen strömten sie an die Bankschalter. Allein am Donnerstag hoben sie eine Milliarde Euro ab. Die griechischen Banken gerieten so unter Druck, dass die Banker der EZB sich sorgten, am Montag könnten bereits die Bankschalter geschlossen bleiben. Daher erhöhte die Zentralbank erneut die Not-Liquiditätshilfen für Griechenland.

Die griechische Regierung gab sich weiter siegesgewiss. Über den Sondergipfel sagte Tsipras: "Wir arbeiten für den Erfolg dieses Treffens." Gestern sprach er mit dem russischen Präsidenten Putin über finanzielle Hilfen.

Die Zeit für einen Rettungsplan zum Verbleib der Griechen im Euro ist knapp. Die letzte Frist, um den Griechen das Geld aus dem zweiten Hilfspaket auszahlen zu können, läuft am 30. Juni ab. Eine Einigung Griechenlands mit den anderen Euro-Staaten muss aber noch von den nationalen Parlamenten abgesegnet werden. In Deutschland hält man sich bereit, notfalls am Sonntag, 28. Juni, Fraktionssitzungen abzuhalten.

In der großen Koalition herrscht Skepsis vor. "Die Griechen müssen einen Vorschlag machen, der ihre Schuldentragfähigkeit garantiert", sagt Unionsfraktionsvize Michael Fuchs. "Sonst spielt der IWF nicht mehr mit, und dann sind auch der Kanzlerin die Hände gebunden."

(RP)
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