Berlin Gorleben-Ausschuss: Merkel in Erklärungsnot

Berlin · Minute 77 im Gorleben-Untersuchungsausschuss des Bundestages: Bundeskanzlerin Angela Merkel ist belehrt worden, dass sie mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug bestraft werden kann, wenn sie jetzt die Unwahrheit sagt, da ruft die SPD-Abgeordnete Ute Vogt: "Sie haben die Unwahrheit gesagt!"

Doch die Kanzlerin muss nicht ins Gefängnis. Denn die Dinge sind kompliziert. Es geht bei diesem Ausschuss um die Frage, ob die junge Umweltministerin Merkel in der Regierung Kohl zwischen 1994 und 1998 die Begründungen für die Wiederaufnahme der Erkundungen im Salzstock Gorleben manipuliert hat und als Erfüllungsgehilfin der Atomkonzerne eine Billiglösung durchdrücken wollte.

Merkel stellt eingangs fest, dass es Mitte der 90er Jahre nach Expertenansicht zwar "nicht optimal", aber durchaus "sinnvoll" gewesen sei, die Gorleben-Erkundung fortzusetzen. Schlüsseldokument der Opposition ist eine Vergleichsstudie, die 41 mögliche Endlager-Standorte untersuchte, den einen oder anderen für durchaus überprüfbar einstufte, aber nichts zu Gorleben sagte. Die frühe Merkel berief sich genau auf diese Studie, als sie verkündete: "Gorleben bleibt erste Wahl." Genüsslich lassen SPD, Grüne und Linke ein altes Radio-Interview abspielen und dokumentieren, wie laut Merkel das Gutachten angeblich "zu der Meinung" komme, dass Gorleben "aus geologischer Sicht weiter erkundet werden sollte".

Merkel unternimmt etliche Anläufe zu erläutern, wie sie das damals gemeint habe. Dass sie die "politische Folgerung" aus dem Gutachten gezogen habe, dass die anderen Standorte erst in Frage kämen, wenn sich Gorleben als definitiv ungeeignet herausgestellt habe. "Warum haben Sie das dann damals nicht so gesagt?", fragt Vogt. "Weil ich damals nicht so perfekt war wie heute", antwortet die Kanzlerin.

(may-)
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