Proteste von Greenpeace Giscard d'Estaing erhält Karlspreis

Aachen (rpo). Valery Giscard d'Estaing, Präsident des europäischen Konvents, ist unmittelbar vor den ersten Beratungen über eine Vorlage zur EU-Verfassung am Donnerstag mit dem Internationalen Karlspreis von Aachen ausgezeichnet worden.

Bundespräsident Johannes Rau mahnte in seiner Laudatio an, mit der neuen EU-Verfassung müsse für ein gleichberechtigtes Miteinander von großen und kleinen Staaten gesorgt werden. Giscard forderte die aktive Unterstützung der EU-Bürger für die Union.

Das Karlspreis-Kuratorium würdigte mit dem Preis den französischen Ex-Staatspräsidenten, der den europäischen Einigungsprozess seit Jahrzehnten in unterschiedlichen Funktionen vorangetrieben habe. Aachens Oberbürgermeister Jürgen Linden erinnerte daran, dass sich Giscard bereits vielfach um die europäische Integration verdient gemacht habe.

Der EU-Konvent kommt am (morgigen) Freitag und am Samstag in Brüssel zusammen, um erstmals über die Vorlage des Präsidiums für eine Verfassung zu beraten. Am 20. Juni soll der Entwurf dem EU-Gipfel in Saloniki vorliegen, bis Jahresende soll die Verfassung verabschiedet sein.

"Europa kann nur gelingen, wenn zwischen den großen, den mittleren und den kleineren Ländern ein Ausgleich ihrer Interessen geschieht", sagte Rau. In den vergangenen Tagen war Giscard vorgeworfen worden, nur die Interessen der großen Mitgliedstaaten zu vertreten.

Zu den Aufgaben einer europäischen Verfassung zählte der Bundespräsident die Stärkung der Demokratie und die Gewährung von mehr Rechten für das europäische Parlament, darunter auch das, den Kommissionspräsidenten zu wählen. Zur europäischen Sicherheitspolitik sagte Rau, die Erfahrungen der Vergangenheit hätten gezeigt, dass diese neben allen zivilen Mitteln auch eine militärische Komponente brauche. Die EU und die NATO müssten dabei Hand in Hand arbeiten.

Giscard erklärte, Europa müsse wieder Gegenstand der öffentlichen Diskussion werden. Erstmals solle Europa nicht mit der Waffe, sondern mit der Feder geeint werden, wozu aktive Unterstützung durch die Bürger nötig sei. Giscard sagte, im Grunde stehe die Hälfte des Karlspreises dem bei der Verleihung anwesenden Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt zu, mit dem er alles Gute für Europa gemeinsam getan habe.

Proteste von Umweltschützern

Vor dem Rathaus demonstrierten Umweltaktivisten gegen die Preisverleihung, die Giscard vorwerfen, die exklusive Förderung von Atomkraft in der neuen EU-Verfassung verankern zu wollen. Auf Transparenten hieß es: "Für eine EU-Verfassung ohne Atomkraft."

Der Karlspreis ist die älteste und renommierteste Auszeichnung für Personen oder Institutionen, die sich um Europa und die europäische Einigung verdient gemacht haben. Geehrt wurden bislang unter anderen die Bundeskanzler Konrad Adenauer und Helmut Kohl, die Bundespräsidenten Walter Scheel, Karl Carstens und Roman Herzog, der seinerzeitige französische Staatspräsident François Mitterrand und der tschechische Staatspräsident Václav Havel. 2002 ging die Auszeichnung an den Euro.

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