Gewinner Romney

Die veröffentlichte Meinung in Deutschland ist sich nahezu einig: Der republikanische US-Präsidenschaftskandidat Mitt Romney ist eine kaltherzige, tollpatschige Ex-Heuschrecke. Seine Ansichten sind weit entfernt von dem, was der amerikanische Wähler will. Die deutschen Redaktionsstuben jedenfalls wollen Obama. So senden und analysieren sie unverdrossen über die US-Realität hinweg, nur kurzzeitig irritiert von den aktuellen Meinungsumfragen, die den Herausforderer gleichauf, mitunter sogar vorn liegen sehen.

Die deutsche Sicht auf die USA ist inzwischen oft so holzschnittartig, wie wir es den Amerikanern im Umkehrschluss unterstellen. Uns ist in unserer Fixierung auf (Euro-)pa viel an transatlantischem Bewusstsein abhanden gekommen. Deshalb verkennen viele, dass Romneys Programm näher am Gefühl der abstiegsgefährdeten US-Mittelschicht ist als Obama. Selbst wenn Obama im November nicht zuletzt aufgrund des US-Wahlsystems eine Mehrheit an Wahlmännerstimmen auf sich vereinigt, hat Romney schon gewonnen. Die republikanischen Ansichten prägen die US-Politik, mögen sie uns in ihrer Rhetorik und ihrem Vertrauen auf die Kraft des Einzelnen statt des Staates noch so irritieren. Den Namen Romney müssen wir uns vielleicht nicht merken, seine Politik aber werden auch wir spüren.

Bericht Amerikas Vordenkerin . . ., seite A 2

(RP)
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