Berlin Gesetzentwurf: Beschneidung soll straffrei bleiben

Berlin · Die Bundesregierung will medizinisch fachgerechte Beschneidungen von jüdischen und muslimischen Jungen erlauben. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) legte Ländern und Verbänden Eckpunkte für eine gesetzliche Regelung vor.

Demnach bliebe eine Beschneidung, die mit Einwilligung der Eltern und nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen wird, zwar eine Körperverletzung, sie wäre aber nicht rechtswidrig und damit nicht strafbar. Eine Ausnahmeregelung solle greifen, wenn das Kindeswohl gefährdet ist. Der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßte den Entwurf.

Hintergrund für die Gesetzespläne ist ein Urteil des Landgerichts Köln. Die Richter hatten im Mai die Entfernung der Vorhaut bei Neugeborenen und Kleinkindern als Eingriff in die körperliche Unversehrtheit gewertet. Das Urteil, das für andere Gerichte nicht bindend ist, hatte internationale Aufmerksamkeit erregt und erhebliche Unruhe unter Juden und Muslimen ausgelöst. Daraufhin hatte der Bundestag die Regierung zur Ausarbeitung eines Gesetzes aufgefordert.

Nach dem Willen von Leutheusser-Schnarrenberger soll im Kindschaftsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein Paragraf angehängt werden, der klarstellt, dass Eltern unter bestimmten Voraussetzungen in die Beschneidung ihres Sohnes einwilligen können.

Nach den Worten des Sprechers von Leutheusser-Schnarrenberger hat das Justizministerium mehrere Anforderungen berücksichtigt: Die Beschneidung müsse fachgerecht und möglichst schonend ablaufen. Das beinhalte bei Bedarf auch eine Schmerzbehandlung. Dem Eingriff müsse eine umfassende Aufklärung vorausgehen. Eltern müssten den Kindeswillen bei der Frage miteinbeziehen. Und: Eine Ausnahme gelte, wenn das Kindeswohl gefährdet sei, etwa durch gesundheitliche Risiken bei Blutern. Den Plänen zufolge soll in der Regel ein Arzt die Beschneidung vornehmen. Innerhalb der ersten sechs Lebensmonate eines Kindes könnten dies aber auch Personen sein, die von ihrer Religionsgemeinschaft dafür vorgesehen seien, sagte der Ministeriumssprecher. "Diese Personen müssen die Beschneidung genauso gut wie ein Arzt beherrschen", betonte er.

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, sagte, der Entwurf gehe auf viele Wünsche der Juden in Deutschland ein. "Das Bundesjustizministerium verdient dafür Respekt und Anerkennung, dass es einen solch klugen Vorschlag vorgelegt hat." In Einzelfragen sei noch Feinschliff nötig. Die Debatte müsse nun endlich sachlich geführt werden. "Jetzt geht es darum, auch die Gegner der Beschneidung mit ins Boot zu nehmen und zu überzeugen."

Der Gesetzesvorschlag verzichtet ausdrücklich darauf, auf die religiöse Motivation der Eltern einzugehen. Die Rechtspraxis sähe sich sonst "vor die schwierige Aufgabe gestellt, den Inhalt religiöser Überzeugungen ermitteln zu müssen", zitierte die "Süddeutsche Zeitung" aus dem Papier des Ministeriums. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete, das Justizressort habe die angeschriebenen Fachleute und Verbände bis zum 1. Oktober um eine Stellungnahme zu den Vorschlägen gebeten. Hintergrund sei, dass der Bundestag noch im Herbst die Vorlage eines Gesetzentwurfes erwarte.

(RP)
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