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Kolumne: Gesellschaftskunde Warum Menschen im Internet ihren Hass loswerden

Das Netz enthemmt. Jüngstes Beispiel sind Hassbotschaften gegen den verstorbenen Schauspieler Robin Williams. Der hatte religiöse Fundamentalisten mit seinen Witzen gereizt.

Wenn große Komiker aus dem Leben scheiden, ist es immer, als verlöre man einen Freund. Komiker sind ja Lebenskomplizen, die einem das Schwere leicht lachen - aus Menschlichkeit. Umso trauriger ist es, wenn nun nach Robin Williams Tod Beschimpfungen voller Hass im Internet auftauchen. Radikale Moslems wünschen dem Schauspieler dort die Hölle, weil er sich über gewisse Paradiesvorstellungen lustig gemacht und in Frauenkleidern gespielt hat. Auch christliche Fundamentalisten verdammen ihn wegen seiner Rollen als Schwuler. Und nicht einmal der Respekt vor einem Toten gebietet den Hasstiraden Einhalt.

Nun ist das Internet ein Medium, das Schleusen öffnet, weil Menschen dort anonym aussprechen, was sie sonst nicht zu sagen wagen. Das nimmt Hemmungen. Und dann herrscht Rüpelton, weil die Autoren keine Verantwortung übernehmen müssen. Man lässt die Sau raus, wie einmal im Jahr auf Mallorca.

Es ist aber nicht die Anonymität allein, die aus braven Zeitgenossen im Internet Provokateure ohne Anstand werden lässt. Auch im Fall Williams gibt sich mancher Beschimpfer durchaus zu erkennen. Das hat mit Netzwerken zu tun, die sich durch die neuen Kommunikationskanäle entwickelt haben.

In gewissen Kreisen gibt es Anerkennung für übelste Ausfälle gegen angebliche Gegner, da wird ein einfaches Freund-Feind-Denken gepflegt. Das Internet ist ja nicht per se ein Medium des Diskurses, sondern vielfach eine intellektuelle Einbahnstraße. Die Verbitterten können ihren Hass in die Welt twittern und posten, ohne sich mit Gegenpositionen zu beschäftigen oder ihre Ansichten verteidigen zu müssen.

Niemand kann einen im Netz zum Austausch zwingen. Dagegen ist es einfach, Gleichgesinnte aufzutun und sich gestärkt durch ihren Zuspruch immer tiefer in fixe Ideen zu verrennen.

Vielleicht ist das Internet aber auch nur ein Ventil, ähnlich wie der Fußball. Vielleicht schlägt sich in seinen Foren nieder, was an Ohnmachtsgefühlen in einer Gesellschaft steckt. Denn Ohnmacht und Minderwertigkeit sind oft die Ursachen für Hass. Menschen sind unglücklich in ihrem Leben, spüren aber, dass sie an den Verhältnissen nichts ändern können. Solche Enttäuschung will sich entladen, bei manchen körperlich, bei anderen verbal - mit wüsten Tiraden, gerufen in die virtuelle Welt.

Sie stammen von Menschen, die nicht mehr zugänglich sind für das, was die großen Komiker ihnen sagen wollen: Dass das Leben vielleicht enttäuschend ist, aber dem Menschen immer noch eine Würde bleibt: zu lachen.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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