Gesellschaftskunde Kommerzkalender für den Advent

Meinung | Düsseldorf · Viele Unternehmen vermarkten auch wenig weihnachtliche Produkte in Adventskalendern. Kommerz frisst Tradition. Muss man sich darüber aufregen?

Ein selbstgebastelter Adventskalender.

Ein selbstgebastelter Adventskalender.

Foto: Pixabay/Peter Toporowski

Viele Unternehmen kapern die Tradition der Adventskalender, um ihre Produkte zu vermarkten. Das reicht vom Parfüm-, Whiskey-, Stofftier-Kalender bis zur Sammlung von Sexspielzeugen hinter 24 Türchen – angepriesen als „sinful“- Variante, was die Absurdität dieser Kommerzkalender wunderbar auf den Punkt bringt. Denn mit dem Sinn des Advents hat das alles wenig zu tun. Der besteht ja gerade darin, still zu werden, um sich auf die Ankunft Jesu Christi vorzubereiten. Das Herabzählen der Tage bis zur Weihnacht dient zwar der Vorfreude, aber das Näherrücken selbst sollte diese Freude bereiten, nicht der Konsum irgendwelchen Krams.

Dass die Produktkalender immer zahlreicher werden, hat natürlich damit zu tun, dass sie fürs Marketing verführerisch sind: Weihnachten ist ein weltweit gefeiertes Fest, das positive Gefühle anspricht. Eine weihnachtliche Verpackung verleiht noch dem schnödesten Produkt ein wenig goldenen Glanz – und die Abnahme von 24 Einzelteilen ist garantiert. Anscheinend gibt es aber auch genug Menschen, die Produktpalletten im weihnachtlichen Setzkasten kaufen. Es gibt zahlreiche Internetseiten, die über das Angebot informieren. Da findet man dann alles aus den Bereichen Paare, Kinder, Beauty oder kann entsprechend dem Hobby der Beschenkten Kalender für Angler, Bastler, Kleingärtner bestellen.

Doch hat der Kommerz an diesem Punkt doch wieder eine liebenswerte Note. Natürlich ist ein puristischer Kalender mit schlichten Bildchen hinter den Türchen eine Absage an den Geschenkewahn – und damit näher an einem Fest, das die Geburt eines Kindes feiert, das Nächstenliebe predigen wird. Auch geht nichts über einen selbstgebastelten Kalender, mit dem Menschen anderen zeigen, dass sie ihnen wichtig sind. In solchen Bastelkalendern ist das Kostbarste verpackt: Zeit für den anderen und Anteilnahme. Aber ein passendes kommerzielles Angebot auszusuchen, zeigt eben auch, dass man sich mit dem anderen befasst hat und ihm etwas schenken will, das mit ihm zu tun hat. Auch wenn eine ganze Industrie daran verdient.

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