Kolumne: Gesellschaftskunde Gutes tun steckt an

Forscher haben untersucht, warum Menschen moralisch handeln, und herausgefunden: Wem Gutes widerfährt, der tut auch selbst gern Gutes.

In seinen besten Momenten handelt der Mensch irrational: Immer wenn er Gutes tut nämlich. Das geht oft zu seinen eigenen Lasten, kostet ihn Zeit, Geld und Empathie. Doch Selbstlosigkeit, Hilfsbereitschaft oder das Handeln aus Mitgefühl verschaffen ihm Glück und Zufriedenheit. Und so ist der Mensch vor allem Mensch, wenn er seine Egoismen überwindet, sich für andere einsetzt und sich rühren lässt.

Die Wissenschaft interessiert sich schon lange für dieses Verhalten und denkt nicht nur darüber nach, was moralisch ist, sondern auch, warum Menschen moralisch handeln. Kölner Psychologen haben jetzt in einer großen internationalen Studie herausgefunden, dass die Weltanschauung eine weit geringere Rolle spielt als gedacht. Ob Menschen politisch links oder rechts orientiert sind, ob sie einer Religionsgemeinschaft angehören, sich als Gläubige oder Atheisten bezeichnen, hat wenig Auswirkungen auf ihren Einsatz für andere.

Die Motive mögen unterschiedlich sein. Menschen mit linker politischer Überzeugung etwa handeln eher moralisch, damit es auf der Welt gerechter zugehe. Menschen aus dem rechten Spektrum nennen als Begründung eher Loyalität mit den Gruppen, für die sie sich einsetzen. Doch aktiv werden beide.

Dennoch gibt es etwas, das moralisches Handeln begünstigt: das gute Vorbild anderer. Menschen, die im Laufe eines Tages miterleben, dass andere selbstlos handeln, sie vielleicht sogar selbst Zuwendung erfahren, sind bereit, ihrerseits Gutes zu tun. Die Forscher bringen es auf die Formel: Moral ist ansteckend. Wem Gutes widerfährt, der tut auch selbst gern Gutes.

Das Gute ist also eine Kraft, die im Kleinen wirkt und Großes schafft. Sie macht nachdenklich und sensibel, die Bedürfnisse anderer wahrzunehmen. Das ist ein Befund, der alle stärken sollte, die sich engagieren und manchmal vielleicht von Zweifeln angesprungen werden. Engagement hilft nicht nur Bedürftigen und macht die Helfenden selbst froh, es schafft auch ein neues Klima in einer Gesellschaft.

Darum dürfen Feierstunden etwa für Ehrenamtler keine Routineveranstaltungen werden. Und darum sollten die vielen Engagierten und Weltverbesserer unterschiedlichster Disziplinen nicht als Gutmenschen verspottet werden. Sie alle geben gute Beispiele, die Nachahmer finden werden, weil der Mensch eben keineswegs nur ein getarnter Wolf ist. Meistens hat er die Wahl, kann sich entscheiden. Erst diese Freiheit macht Moral überhaupt möglich.

Es tut gut, sich klarzumachen, wie viele Menschen jeden Tag ihre Freiheit nutzen. Für andere.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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